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"Keep It True XI"-Festival

Würzburg, Posthalle

15.11.2008

Da die bisherigen "kleinen" KITs, die in der Dittigheimer "Sporthalle" stattgefunden hatten, immer ratzfatz ausverkauft gewesen waren, hatte man sich diesmal von Veranstalterseite her dazu entschlossen, nach Würzburg umzuziehen, wo "Keep It True"-Veranstalter Oliver Weinsheimer schon mehrere Shows wie beispielsweise seine "Thrash Assault"-Festivals veranstaltet hatte: Zunächst war der "Soundpark Ost" als Austragungsort geplant gewesen, doch als der Run auf die Tickets noch stärker wurde, erfolgte dann eine Verlegung in die neueröffnete "Posthalle". Selbige ist weitaus "mehr Metal", da sie im Gegensatz zur Tauber-Franken-Halle in Lauda-Königshofen, der "Mutterhalle" aller KITs, auch tagsüber dunkel ist. Zudem ist die Halle riesig, so daß die Besucher durch den Gastronomiebereich (mit Kuschelecke...) über das nächste Segment, dem Abschnitt, in dem die Metalbörse ihr Plätzchen gefunden hatte, erst in die eigentliche Konzerthalle kommen sollten. Daß die Halle hinter der Bühne nochmal genauso weit fortgesetzt wird, konnte der "normale" Konzertbesucher freilich nur erahnen, aber es wäre sehr wohl möglich gewesen, hier zwei Konzerte "gegeneinander" antreten zu lassen.
Doch heuer ist nur eine Show angesagt - das ultimative Kultfestival, das da den Namen "Keep It True" trägt. Und obgleich der Eingang der Halle bestens versteckt ist (durch ein Tor neben dem Bahnhof in Richtung Unterführung zum Bahnsteig, oder so...) sind die Metaller dennoch zahlreich erschienen, um dem wahren Edelstahl zu huldigen.

HELLHOUND [J]-Liveshot

Und es geht mit den Japanern HELLHOUND extrem amüsant los: Die Combo steckt knietief im 80er-Klischee - von den schwarzen Spandexhosen über die Nietenarmbänder bis hin zu den Spiegelsonnenbrillen. Spätestens als die Japaner dann noch mit einstudierten Formationsflügen wie ACCEPT zu ihren besten Tagen loslegen, kann man ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Doch damit soll nicht angedeutet werden, daß es sich um eine Kasperband handeln würde, denn HELLHOUND spielen ihre Show ernsthaft und voller Hingabe. Zudem kann man der Truppe nicht absprechen, daß sie spieltechnisch sehr beschlagen ist. Sänger Crossfire (Jepp, die Pseudonyme sind echt das i-Tüpfelchen auf der höllenhündischen Sahnetorte...) spricht zudem sehr gut Englisch, was ganz im Gegensatz zu dem "Thank Youuuuuuuu"-Heulen von SOLITUDE-Shouter Akira Sugiuchi beim "Headbangers Open Air" 2003 steht, so daß man HELLHOUND auf ganzer Strecke Lob zollen muß!

CAST IRON-Liveshot

Rock'n'Rolf ist ein Finne! Nicht nur, daß CAST IRON, die verpflichtet wurden als FORTÉ absagen mußten, da Basser Rev Johnes einen Job bei MOUNTAIN erhalten hatte, auf CD verteufelt nach den frühzeitlichen RUNNING WILD klingen, von Nahem betrachtet sieht Frontmann Jori Meriläinen quasi wie der junge Rock'n'Rolf aus und spielt die gleiche Klampfe... Okay, man kann es mit der Verehrung auch ein bißchen übertreiben, aber im Falle dieser Finnen ist es irgendwie sympathisch. Kein Wunder also, daß CAST IRON vor Stolz fast platzen als sich gegen Ende des Gigs ein besonderer Gast zu ihnen gesellt: der ehemalige RUNNING WILD-Gitarrist Gerard Warnecke alias Preacher, den der "Bang Your Head!!!"-Stagemanager Achim ausgegraben und zum diesjährigen BYH eingeladen hatte, so daß Preacher dort zum ersten Mal nach unzähligen Jahren seinen ehemaligen Bandkumpel Hasche, der uns allen als gute Seele der "Rockfabrik" in Ludwigsburg bekannt ist, wiedersah. Beim KIT indes steht Preacher zum ersten Mal nach 23 Jahren wieder auf der Bühne und zockt mit CAST IRON die beiden RUNNING WILD-Kracher ›Genghis Khan‹ und ›Victim Of States Power‹. Allerdings kann man trotz des umjubelten CAST IRON-Gigs und dieses "kulturhistorischen Höhepunkts" nicht übersehen, daß sich in spieltechnischer Hinsicht eine Menge bei den Finnen tun muß, denn da ist mehr als einmal ein ganzer Eimer Sand im Getriebe, was man allerdings mit Spielfreude und Begeisterung wieder wettmacht. Da sich CAST IRON mittlerweile von ihrem Drummer Tomi Tervola getrennt haben, sollte sich die demnächst hoffentlich wieder komplettierte Band also mindestens sieben Tage die Woche im Proberaum einschließen, um dann ein würdiger RUNNING WILD-Nachfolger werden zu können. Lieber Mister Kasparek, da man die RUNNING WILD-Produktionen aus diesem Jahrtausend ohnehin allesamt in der Pfeife rauchen kann, wünschen wir viel Spaß mit dem TOXIC TASTE-Gepunke. Deine Thronfolger stehen in den Startlöchern, und die Metalszene braucht Dich eigentlich nicht mehr...

TIMELORD-Liveshot

Großer Gegensatz zu TIMELORD: Wo gerade noch truestes Outfit angesagt war, sind nun Straßenklamotten bis hin zur Kopfsocke und Halb-Baggypants zu erspähen. Wo gerade spielerische Mängel unüberhörbar waren, kommt nun eine technisch hervorragende Band zum Zug. Wo gerade die Massen trotz des etwas drucklosen und untighten Spiels ausgeflippt waren, gibt es nun - verkehrte Welt! - lediglich zurückhaltende Reaktionen. Dennoch: TIMELORD, die Combo um den ehemaligen THY MAJESTIE- und FORGOTTEN REALM-Sänger Matt Aub bringen ihre Songs live knackiger als auf den bisherigen Studioproduktionen rüber. Kein Wunder, daß die Combo mittlerweile bei SHRAPNEL RECORDS untergekommen ist.

FAITH FACTOR-Liveshot

Daß FAITH FACTOR showtechnisch keine Wünsche übriglassen würden, dafür ist Frontmann Ski ein Garant! Mal abgesehen davon, daß seine Stimme wohl einfach unkaputtbar ist, da er sämtliche hohen Schreie mit spielerischer Leichtigkeit meistert, ist er ein Showmann wie er im Buch steht, der natürlich auch hier bei quasi jedem Song ein anderes Outfit trägt - bis hin zu einer Pudelperücke, die er sich bei einem Song quasi über den kompletten Kopf schiebt... Dennoch kann man auch hier diesen leidige Fluch nicht ignorieren: Die FAITH FACTOR-Songs, die sich des exzellenten Ski-Gesangs erfreuen, erreichen nicht das Level der DEADLY BLESSING-Klassiker, während diese Songs vom neuen DEADLY BLESSING-Sänger Stephen Childs garantiert nicht mehr so grandios gesungen werden; nimmt man die neuen Songs als Maßstab so deutet alles genau in dieser Richtung. Dennoch: FAITH FACTOR - großartige Show!

EVIL [DK]-Liveshot

Bei EVIL, die schon mal ein Jahr zuvor als Ersatz für TOXIK beim KIT einspringen wollten und dann verletzungsbedingt von HIRAX ersetzt werden mußte, stammen lediglich zwei der Mitglieder, Gitarrist Kim X(mas) und Drummer Freddie Wolf, noch von der Originalbesetzung, doch gerade der neue Bassist Bob Thunder, ist outfittechnisch perfekt auf die Combo abgestimmt - von Stirntuch über die rote Hose bis hin zum "Made In Hell"-T-Shirt. Sehr viel kitzliger ist da der neue Sänger Klaus Vicious: Er hüpft zwar permanent engagiert über die Bühne - und zwar nicht in modernomäßiger Hüpfmetallermanier, sondern voller tiefempfundener, altschuliger Begeisterung (und Nervosität...) - doch sein Gesang gibt nicht viel Anlaß zur Freude: melodischer, runder hätte er sein müssen, um die EVIL-Songs wirklich zu veredeln. So verfällt meinereiner zwar bei den Eröffnungsriffs des Openerdoppels ›Evil's MessageEvil‹ gleich ins Traditionsschwelgen, doch selbiges will nicht dauerhaft anhalten, da der Gesang einen schalen Beigeschmack hinterläßt. Da die Dänen in den Schlußsong ›Take Good Care Of Your Balls‹ kurz ›Balls To The Wall‹ von ACCEPT einbauen erhalten sie dennoch einen Sympathiebonuspunkt!

ARTILLERY-Liveshot

Auch die nächsten Dänen können gefallen, doch für ein solches Feuerwerk wie damals beim "Wacken Open Air" reicht es bei ARTILLERY leider auch nicht. Dabei schlägt sich Neusänger Søren Nico Adamsen, den man ja eigentlich von melodischeren Bands her kennt, erstaunlich gut, denn wer "richtig" singen kann, der schafft es wohl auch, eine Schippe Aggressivität draufzulegen. Und so gibt es an diesem Nachmittag ein amtliches Thrashgelage, bei dem allerdings das letzte Fünkchen Begeisterung nicht aufkommen will.

TOKYO BLADE-Liveshot

Leichte Zweifel konnte man auch im Vorfeld an der TOKYO BLADE-Reunion hegen, da sich Andy Boulton entschieden hatte, eine komplett neue Band um sich zu scharen, nachdem er sich mit Bryan Holland, Chef von RAZAR ICE RECORDS und ehemals Mucker bei ARREST, der hier auch die zweite Klampfe übernehmen sollte, zusammengetan hatte. Zwar ist Chris Gillen von OVERLOADED bekanntlich ein guter Sänger, wenn er indes noch etwas weniger geschrieen, aber dafür etwas mehr gesungen hätte, wäre es noch besser gewesen. Auch die restliche Band ist relativ jung, und gerade Basser Frank Sapardi ist ein ziemliches Showtier, was einen deutlichen Kontrast zum Senior der Band, Andy Boulton, bildet, der gerne auf den Monitorboxen sitzend spielt. Leider gibt es drei Schönheitsfehler zu beklagen, die durch fatale Setlistentscheidungen zustandekommen: Das eigentlich an zweiter Stelle geplante ›Someone To Love‹ wird gestrichen, ›Rock Me To The Limit‹ war noch nicht mal in die Planung aufgenommen worden, so daß zwei der geilsten TOKYO BLADE-Songs einfach fehlen, während man aber eine Coverversion von RAINBOWs ›Long Live Rock'n'Roll‹ spielt. Völlig unverständlich! Dennoch hinterlassen TOKYO BLADE einen guten Eindruck und sind zu den positiven Comebackerscheinungen zu zählen.

GIRLSCHOOL-Liveshot

GIRLSCHOOL sind sicherlich die unspektakulärste Band des Festivals, da man sie in den letzten Jahren doch schon problemlos das ein oder andere Mal sehen konnte, doch zum Glück wissen die Mädels immer amtlich zu rocken, so daß sie auch fürs KIT eine Bereicherung darstellen.

NASTY SAVAGE-Liveshot 1

NASTY SAVAGE? Wie immer! Zum Glück!!! Gebt Nasty Ronnie einen Fernseher, und wir sind glücklich - vor allem wenn NASTY SAVAGE die richtigen Songs dazu spielen. Und das tun sie heuer mehr denn je zuvor: Man kann die barbarische KIT-Setlist nämlich recht treffend auf die Formel "»Wage Of Mayhem«-Demo + Debut + ›Psycho Psycho‹" bringen. Die Combo und vor allem ihr Frontwrestler drehen auf wie seinerzeit beim "Bang Your Head!!!" 1998 oder 2005 bei der Clubshow (der Auftritt auf der großen Bühne soll aufgrund der besonderen Umstände mal außen vor bleiben), und angesichts der Hingabe, mit der Ronnie in Würzburg die Glotzkiste in Einzelteile zerlegt und darauf (kunst-)blutet, dürfte die Band heutzutage in Amiland überhaupt nicht mehr auftreten, denn dann wären anschließend garantiert einige Anzeigen fällig, weil jemand durch umherfliegende Fernsehplatinen oder sonstige Teile verletzt worden wäre... Äußerst amüsant auch die Reaktionen meiner Photographenkolleginnen als Ronnie beginnt, sich aus seinen Kleidern zu schälen... Wie auch immer - NASTY SAVAGE: Kann man bei einer Metalshow mehr Spaß und grandiosere Songs haben?

NASTY SAVAGE-Liveshot 2

Das große Highlight des 11. KIT hat damit stattgefunden, und FLOTSAM AND JETSAM können nur noch ein Nachspiel darstellen - obgleich sie wohl die geilste Setlist seit Menschengedenken spielen: Die Combo hatte sich am Nachmittag noch extra im "B-Hof" in Würzburg einquartiert, um einige Songs zu proben, die sie seit etwa 15 Jahren nicht mehr live gespielt hatten. Daher ist nur das falsche Logo auf dem Backdrop zu sehen, aber FLOTSAM fahren das richtige Konzept: old school bis zum Exzeß. Doch es wirkt nicht erzwungen, sondern die Band ist spielfreudig und strahlt aus, daß sie wirklich Lust auf diese Show haben. Und allein schon mit dem Opener ›Doomsday For The Deceiver‹ entschädigen sie dafür, daß sie vor zwei Jahren schon mal beim "Keep It True" abgesprungen waren. Wenn die Truppe jetzt wieder beginnen würde, Songs im Geiste der ersten beiden Platten oder der Demos zu schreiben, dann wäre dies der schönste Nachklang, den das "Würzburg-KIT" haben könnte.

FLOTSAM AND JETSAM-Liveshot

Im nächsten Frühjahr geht es dann im April mit einem Festival im Stile des diesjährigen Jubiläums-KIT weiter, das die einzige "Keep It True"-Veranstaltung des Jahres 2009 sein wird. Und für 2010 ist mittlerweile ja auch schon ein Teil des Billings bekannt, so daß man sich sicher sein kann: Der KIT-Kult wird niemals Ende finden!


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas


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