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IRON MAIDEN (GB, London)
IN FLAMES
PAPA ROACH
MASTODON
Lauren Harris

Ludwigshafen, Südweststadion

08.06.2007

Auch große Bands müssen manchmal noch ihre Lektionen lernen, doch Hut ab, MAIDEN haben die ihre gelernt: gegenüber den gewaltig in die Hosen gegangenen "Metal 2000"-Festivals, als man - oder besser das Bandmanagement - die Arroganz besessen hatte zu glauben, daß es reicht, IRON MAIDEN in Originalbesetzung zu offerieren und schon müßten die Massen strömen, hat sich eine Menge geändert: Die Band ist seither regelmäßig mit neuen Platten präsent und betreibt eine gute Repertoire- und Archivpflege. Zudem ist die Truppe mehr oder minder lückenlos auf Tour und mit einem Frontmann, der Bruce Dickinson heißt, auf der Bühne einfach unschlagbar - so daß der Fan doch noch eher bereit ist, die knackigen Preise, die die Band für ihre Konzerte aufruft, zu bezahlen. Und so sollten die IRON MAIDEN-Open Airs anno 2007 deutlich besser laufen: Laut Tageszeitung waren 15.000 Besucher nach Ludwigshafen gekommen; 12.000 dürfte allerdings die realistischere - und immer noch rundum respektable - Zahl sein.

IRON MAIDEN [GB, London]-Atmoshot 1

Auf der letzten Hallentour hatten IRON MAIDEN einige Ohrfeigen dafür kassiert, daß man die komplette neue Platte »A Matter Of Life And Death« am Stück durchgespielt hatte - wobei ich diese mutige Entscheidung von IRON MAIDEN nach wie vor hundertprozentig unterstütze: Wenn es eine Band nämlich schafft, im dreißigsten Jahr ihres Bestehens eine Platte zu machen, die mit Sicherheit zur Top 3 ihres wahrlich nicht schwachen Katalogs zu zählen ist, dann ist das eine Sensation, die fast keine andere Band zustandegebracht hat oder zustandebringen wird und die sehr wohl entsprechend "hinausposaunt" werden darf.

IRON MAIDEN [GB, London]-Liveshot

An diesem Abend legt die Band ähnlich los und spielt zunächst drei »A Matter Of Life And Death«-Songs, woraufhin von Bruce eine leicht spitzzüngige Ansage erfolgt, die auf eben jene Schelte abzielt, die die Band für die Toursetlist erhalten hatte - aber eben auf seine ganz eigene Art, indem er ankündigt, daß nun ein paar ältere Songs folgen würden, es aber keinen Grund zur Besorgnis gäbe, denn später würde man nochmal Material von der neuen Platte zum besten geben... Bruce - to know him is to love or hate him! Sieht man von den Veränderungen in der Setlist ab ist die Show, das Licht und das Bühnenbild identisch mit der Tour, so daß es an diesem Abend ein Best Of-Programm gibt, das sehr viel Spaß macht.
Einzig soundtechnisch gibt es einige Klagen und MAIDEN sollten ihrem Tontechniker für diesen Abend komplett das Gehalt streichen - und es wäre gar denkbar, daß er nicht mehr allzu lange bei MAIDEN in Lohn und Brot steht. Wenn es nämlich ein Profisoundmann bei einer professionellen Band mit professionellem Equipment über mehrere Songs hinweg nicht schafft, ein Mikrophonfeedback in den Griff zu bekommen, dann ist das eigentlich eine Bankrotterklärung. Nicht umsonst kommt von Bruce bei einer der Zugaben ein scharfer Kommentar in diese Richtung, daß er sich freuen würde, wenn sein Mikro bei diesem Song endlich mal reibungslos funktionieren würde... Ein kleiner Donnerschlag an einem ansonsten wolkenlosen Konzertabend.

IN FLAMES-Liveshot

IN FLAMES fungieren überraschend als Co-Headliner, denn eigentlich hatte sicherlich nicht nur meinereiner angenommen, daß die Kiddie-Punker PAPA ROACH, die regelmäßig mit Singles in den Charts und im Radio sind und waren, eher an dieser Stelle aufgetaucht wären. Doch nein, die Silbermedaille geht an die fünf Schweden, die sich verändert und doch irgendwie altbekannt präsentieren: Jesper Strömblad ist zurück, Anders Friden trägt mittlerweile mal wieder einen Bart, und dafür hat sich Björn Gelotte die Matte amputiert. Einer tollen IN FLAMES-Show soll all dies nicht im Weg stehen, obgleich Anders sich entschuldigt, daß es für die Band die erste Liveshow seit einer längeren Zeit sei. Falls die Band also etwas eingerostet klingen würde, dann solle man es der Tatsache zuschreiben, daß die im Moment eigentlich im Studio ist.
Überhaupt ist Anders ansagetechnisch auf Zack wie noch nie zuvor: Er witzelt viel rum, piesackt desöfteren die "old people on the balcony", will heißen die Sitzenden auf der Seitentribüne des Ludwigshafener Südweststadions, oder aber widmet einen Song "jener Band, die der Grund ist, weshalb wir alle heute zusammengekommen sind, die zugleich jene Band ist, die mich und vermutlich die meisten, die heute Abend hier sind, zum Metal gebracht hat: *laaange Pause* POISON!" Klare Sache, daß Anders sich nach dem Song "korrigiert" und darauf hinweist, daß er mit seiner Ansage natürlich IRON MAIDEN gemeint habe und nun allen noch viel Spaß mit eben jener Band wünschen würde. Kurz: Anders sorgt als exzellenter Frontmann dafür, daß IN FLAMES einen Sympathiebonus einfahren, was die Band aber eigentlich nicht notwendig hat, denn die Schweden kommen am besten von den doch etwas nach dem "Kraut und Rüben"-Prinzip zusammengebuchten Vorbands an, was sicherlich auch daran liegt, daß IN FLAMES ihre Setlist dem Umstand anpassen, daß sie vor einem eher "normalen" Metalpublikum stehen und statt zur Eröffnung mit ›Episode 666‹ alles niederzuwalzen, lieber mit einem weitaus groovigeren und eingängigeren ›Cloud Connected‹ loslegen und neben Tracks vom neuen Album generell ihren Hits Vorzug geben. Okay, letztendlich wäre so 'n bißchen ›Colony‹ oder ›The Jester Race‹ sicherlich noch gegangen, aber dennoch muß man den Schweden zugestehen, daß sie aus ihrer 60-minütigen Spielzeit das beste rausgeholt haben. Und man braucht ja wohl kaum zu betonen, daß IN FLAMES an diesem Abend etliche Metaller erreichen, die sie zuvor noch nicht gekannt hatten, und die Schweden einen weiteren wichtigen Schritt Richtung Metalolymp gemacht haben.

PAPA ROACH-Liveshot

Den äußeren Umständen angepaßt machen PAPA ROACH einen auf hart: Das Backdrop mit Totenschädel soll wohl die Botschaft "We are Metal" verbreiten, was Coby Dick oder Jacoby Dakota Shaddix mit einigen seiner Ansagen wohl verstärken will: "Das ist ein Song für alle Metaller, und ich will jetzt einen Moshpit sehen!" Doch: Das PAPA-Stageacting, das von hektischem Rumgerenne und Rumgehüpfe dominiert wird, ist nicht die Bohne Metal, sondern gehört eben in die Punkkiste. Ein weiterer Widerspruch sitzt hinter den Drums: Da der eigentliche ROACH-Drummer Dave Buckner gerade in Drogenentzug ist, spielen die PAPAs mit Tony Palermo von UNWRITTEN LAW, der in der Tat so aussieht, als würde er nicht in die Band gehören.
Doch ganz gleich wie krampfhaft und erfolglos PAPA ROACH versuchen, sich zu verbiegen, die Plastikpunx kommen so oder so akzeptabel an - es ist eben durchaus hilfreich, wenn man als Zuschauer etwa 90 Prozent der gespielten Songs "irgendwie aus dem Radio kennt"... Und selbst wenn dies nicht zutrifft, sind die Songs so einfach gestrickt, daß man jederzeit auch ohne jegliche "Vorkenntnisse" einsteigen kann. Zudem muß man JaCoby zugestehen, daß er einen Klassefrontmann abgibt: Stets aktiv um das Publikum bemüht, hält es ihn irgendwann nicht mehr auf der Bühne, und er springt in den Photograben, um auf der Absperrung stehend zu singen. Anschließend hüpft er gleich ganz auf "die andere Seite" und dreht fröhlich eine Runde durch das Publikum - keine Frage: Er hat einen immensen Anteil an der erfolgreichen Operation "Papi Kakerlake" an diesem Nachmittag!

MASTODON-Liveshot

Apropos komische Bandzusammenstellung: Am deutlichsten sieht man dies bei MASTODON, die ebensowenig mit MAIDEN-Mucke kompatibel sind, die es aber nicht schaffen, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Zwar gehört die Band derzeit sicherlich zu den aufstrebenden Acts und wird von vielen als Geheimtip angesehen, doch beim IRON MAIDEN-Open Air sind sie völlig fehl am Platz. Keine Seele interessiert sich für den MathMetal der Truppe, die dementsprechend keinen Funken Feedback, sondern nur völliges Unverständnis erntet. Eigentlich hätte die Band aber allein schon für das Drumset von Brann Dailor im kompletten Randy Rhoads-Design einen Szenenapplaus verdient gehabt, aber es scheint doch so, als sei ich der einzige, dem die Band gefällt. Aber statt in "Jetzt erst recht!"-Stimmung zu verfallen, ziehen sich MASTODON in ihren Schmollwinkel zurück. Nicht umsonst entfleucht Troy Sanders zwischendurch ein zynisches "You are so kind. Way to kind!", und schließlich verläßt die Band am Ende ihres erlebten Fiaskos kommentarlos die Bühne.
Eure an diesem Abend verkannten musikalischen Qualitäten mal außen vor, aber das ist leider ziemlich Panne, Männer. Schlechte Verlierer mag nämlich niemand...

Lauren Harris-Liveshot

Die Tatsache, daß das Südweststadion mitten in der Stadt gelegen ist, verkompliziert bei der IRON MAIDEN-Show in Ludwigshafen einiges: So liegt der zugehörige Parkplatz fast eine halbe Stunde strammen Fußmarsch entfernt - eine Strecke, die auf dem Rückweg mindestens doppelt so weit ist... Zudem muß die Veranstaltung wegen der Anwohner bereits um 23 Uhr beendet sein. Aus diesen beiden Faktoren errechnet sich die Tatsache, daß das Harris-Töchterchen, das mittlerweile als fester Opener von Papis Jungfrauenbande gebucht ist, schon verdammt früh auf die Bühne muß - und zu diesem Zeitpunkt das Stadion bestenfalls locker gefüllt ist und meinereiner lediglich noch den Schluß des Auftritts von Lauren Harris erleben darf. Allerdings reicht es aus, um festzustellen, daß Lauren anscheinend nichts aus ihrer "Nipslip"-Episode, die sich wenige Tage zuvor in Budapest ereignet hatte, gelernt hat, denn sie beugt sich mit ihrem tief ausgeschnittenen Top beim Singen permanent extrem weit nach vorne, so daß die Gefahr eines neuerlichen Heraushüpfens durchaus in der Luft liegt. Aber an diesem Nachmittag bleibt es dabei, daß man Laurens Bauchnabelschmuck begutachten darf... Auf jeden Fall hat Lauren offenkundig keine Probleme damit, ihre Vorzüge als attraktive junge Frau gewinnbringend einzusetzen, was derzeit durchaus nicht unsinnig ist, da die Musik recht trivialer Heavy Rock ist. An dieser Stelle heißt es, noch deutlich nachzubessern, denn ohne prägnante Songs wird auch der hübsche Körper der Little Maiden plus die helfende Hand von Papa Steve keine Wunderdinge bewirken können.
Dennoch erlebt der Auftritt von Lauren und ihrer Truppe einen halbwegs versöhnlichen Abschluß, denn bei Laurens Ansage, man würde nun zum letzten Song kommen, ist gewiß der größte Teil der "Ohhh"s aus dem Publikum zynischer Natur, aber einige drücken eben auch echtes Bedauern aus.

IRON MAIDEN [GB, London]-Atmoshot 2


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas


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