LACUNA COIL
POISONBLACK
Stuttgart, Longhorn
07.11.2006
Wo liegt das Problem zwischen LACUNA COIL und Deutschland? Überall auf der Welt scheinen die Italiener erfolgstechnisch förmlich zu explodieren, doch in Deutschland geht es nur in kleinen Schritten voran. So war auch beim Gastspiel auf der aktuellen Tour nur ein leichtes Zuschauerplus gegenüber der letzten Show zu verzeichnen. Dabei hatten Cristina Scabbia und ihre Männerschar eine Menge zu bieten...
Doch zunächst galt es mal sich durch den Verkehrswahnsinn, der durch das Heimspiel des Stuttgarter VfB ausgelöst wurde, durchzuwühlen. Da allerdings die dritte Band des Packages, LACRIMAS PROFUNDERE, die letzten drei Shows der Tour canceln mußte, weil Sänger Christopher in München von der Bühne gefallen war und sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte (Gute Besserung an dieser Stelle!), fiel der Startschuß erst um 20 Uhr mit den Finn-Goths POISONBLACK.
Schon jetzt - und das soll sich im Laufe des Abends nicht nennenswert ändern - ist die Frontrow nahezu ausschließlich von Mädels, im mittleren, aber teilweise auch noch nicht allzu sehr fortgeschrittenen Teenyalter, besetzt. Und im Falle POISONBLACK soll auch hauptsächlich bei jenen jungen Damen ein paar zaghafte, zuckende Tanzbewegungen zu verzeichnen sein, während die restlichen Anwesenden wohl hauptsächlich auf den Hauptact des Abends warten. Auch wenn sich dies im Laufe der Show ein wenig verbessern soll, was vor allem daran liegt, daß sich die Band reinhängt und zudem als netten Gag mehrfach für einige Sekunden Klassiker zitiert - einmal den Eröffnungsbaßpart von Ozzys ›No More Tears‹ oder AC/DCs ›Hell's Bells‹-Anfangsriff - bevor man dann in den eigenen Song einsteigt, war es nicht zu übersehen, daß das Argument, daß bei POISONBLACK der ehemalige SENTENCED-Fronter Ville Laihiala zugange ist, offensichtlich nicht ausreicht, die Massen schon zu elektrisieren.
LACUNA COIL haben sich einiges für ihre aktuelle Tour einfallen lassen: Es gibt ein gutes, auf das Albumskonzept abgestimmtes Stagedesign, da vor dem Drumriser, der sich nebst einem kleinen Podest davor über die gesamte Breite der Bühne zieht, ein Barcode verläuft. Hinzu kommt eine durchaus effektive Lichtshow, die allerdings als einziger Wermutstropfen - wie heute leider nur allzu üblich - sich zu einem Großteil auf Gegenlicht konzentriert; warum stehen Bands und Lichtmänner/designer momentan nur so sehr darauf, die Zuschauer zu blenden!?
Zur Eröffnung tragen alle vier Instrumentalisten Masken, wobei die drei Saitenbezwinger unbeweglich im Bühnenhintergrund stehen, während nur Cristina und ihr männlicher Gesangspartner Andrea ihre "wahren" Gesichter zeigen und sich bewegen dürfen. Diese Maskerade bedeutet allerdings nicht, daß man plötzlich bei SLIPKNOT gelandet wäre (Nein - und ich will auch keine Geschichtchen über Cristinas Liaison mit Maskenmann Jim Root aufkochen...), sondern auch dies geschah ganz im Sinne von »Karmacode«, denn es sind exakt jene Masken, die auf dem neuen Cover zu sehen sind. Selbige Kostümierung wird dann nach dem Opener abgelegt und auch die vorübergehende, teilweise Starre, die die Band quasi ergriffen hat, wird ad acta gelegt.
Es gab rund um die aktuelle Platte »Karmacode« Diskussionen, ob LACUNA COIL soundtechnisch zu amerikanisch geworden seien. Dieser soundtechnische Aspekt war bei der Liveperformance, wo man die Combo roh und ungeschminkt erleben kann, natürlich weggewischt, doch man bemerkt im weiteren Verlauf der Show, daß die Band sich in Amiland tatsächlich einiges abgekuckt haben muß und heuer mehr Wert auf eine wirksame Show legt. Wir denken da an den Headlinergig der Italiener beim Summer Breeze 2005 zurück, der zweifelsohne gut war, aber bei der man meinen konnte, einer Salzsäulenparade zu verfolgen. Zwar mutet die "neue" LC-Show teilweise einstudiert wie dereinst bei ACCEPT an, kommt aber sehr gut rüber, was vor allem an der hervorragenden Interaktion von Cristina und Andrea liegt.
Ergo: Das Stageacting war bestens und zudem steht außer Frage, daß die Band mittlerweile mehr als genug Hits hat, um ein kurzweiliges Headlinerprogramm zusammenzustellen. Anders formuliert: LACUNA COIL hatten alles richtig gemacht und die Stimmung bei den Anwesenden war entsprechend gut. Wo liegt also das eingangs erwähnte Problem? Vielleicht ist es ja die Strafe dafür, daß sich Italien bei der WM in Deutschland zum ungloriosesten Fußballweltmeister aller Zeiten durchgewunden hatten...
Photos: Stefan Glas
| |||||||||||||
Link zur Übersichtsbox für den beteiligten Musiker:Tarmo "Tape" Kanerva | |||||||||||||
Link zur Übersichtsbox für den beteiligten Musiker:Ville Laihiala | |||||||||||||
Link zur Übersichtsbox für den beteiligten Musiker:Janne Markus | |||||||||||||
Link zur Übersichtsbox für den beteiligten Musiker:Antti Remes | |||||||||||||
Link zur Übersichtsbox für den beteiligten Musiker:Marco Sneck | |||||||||||||
© 1989-2025 Underground Empire |