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Wie es der dezent romantisch tönende Bandname verspricht, klingt die Mu­sik des polnischen Quartetts RIVERSIDE in der Tat so, wie man es er­war­ten darf. Von einfühlsamen Gitarrenriffs getragen und mit dezent 70er-lastigen Keyboard-Klängen untermalt, kredenzen uns Piotr Grudzinski (g), Michal Lapaj (k), Mariusz Duda (v, b) und Drummer Piotr Kozieradzki durchwegs progressive Kompositionen mit jeder Menge Tiefgang.
Da mit »Second Life Syndrome« vor kurzer Zeit das zweite vollständige Album der Band erschienen ist, das zwar in lyrischer Hinsicht den Nachfolger zum Debut »Out Of Myself« darstellt, musikalisch aber den Reifeprozeß der Band erkennen läßt, wollten wir näheres über diese bei uns leider noch nicht wirklich bekannte Formation in Erfahrung bringen.
Drummer Piotr stellte sich dem Fragen-Marathon:

Trotz durchwegs guter Kritiken für Eure bisherigen Veröffentlichungen sind RIVERSIDE für den Großteil der Fans noch immer ein eher unbeschriebenes Blättchen. Was sollten wir denn unbedingt wissen, um mitreden zu können, wenn es um Euch geht?

RIVERSIDE wurden im Jahre 2001 gegründet. Piotr und ich starten das Unternehmen mit der Intention, möglichst eigenständige Musik zu machen. Zuvor waren wir zwar ebenfalls nicht untätig, jedoch niemals auf eine derart professionelle Art. In Mariusz Duda am Baß und Jacek Melnicki an den Tasten fanden wir schon recht bald fähige Mitstreiter, wobei wir schon nach einigen Proben feststellen konnten, daß Mariusz auch ein hervorragender Sänger ist und er fortan auch diesen Posten übernahm. Im Jahre 2003 nahmen wir unser erstes Demo auf, das recht gut von der Presse aufgenommen wurde. Deshalb waren wir auch guter Hoffung, als wir noch im selben Jahr unser Debut »Out Of Myself« einspielten. Über THE LASER'S EDGE wurde das Album später sogar weltweit veröffentlicht, wobei wir auch die Chance hatten, einige Gigs in Polen zu absolvieren und sogar eine Einladung für das "ProgPower"-Festival in den Niederlanden erhielten. Im März 2004 kam dann eine EP mit dem Titel »Voices In My Head« auf den Markt und im Juni 2005 ging es abermals ins Studio, um »Second Life Syndrome« einzuspielen, wobei wir mit INSIDEOUT nun ein sehr engagiertes Label im Rücken haben.

Euren Veröffentlichungen hört man unterschiedliche Einflußquellen an. Ich nehme einmal an, daß diese auch sehr mannigfaltig sein dürften, oder?

Es stimmt zwar, daß unsere Einflüsse sehr unterschiedlich sind, aber es ist sehr schwer, generell über Einflüsse zu sprechen. Jeder wird andere Bands heraushören, wenn er sich mit unseren Alben beschäftigt. Es gibt natürliche eine Fülle an Formationen, die wir persönlich sehr schätzen und die mit Sicherheit ihre Spuren in unserer Musik hinterlassen haben, verallgemeinern kann man RIVERSIDE aber bestimmt nicht. Jeder von uns hat einen unterschiedlichen Geschmack, weshalb man auch diverse Bands angeben müßte. Als gemeinsamer Nenner aller Bandmitglieder lassen sich aber PINK FLOYD, MARILLION, YES, GENESIS, PORCUPINE TREE, ANATHEMA und DREAM THEATER angeben, denn jeder von uns verehrt die genannten Acts geradezu. Im Grunde waren es auch diese Berühmtheiten, die uns dazu verleitet haben, selbst Musik zu machen. Allerdings hoffe ich, daß uns niemand unterstellen wird, daß RIVERSIDE bei einer von diesen Bands klauen würden, denn wir versuchen, unseren eigenen Stil zu entwickeln und »Second Life Syndrome« sollte ein weiterer Schritt in diese Richtung sein.

War es ganz sicher. Wie seid Ihr denn mit der Entwicklung von RIVERSIDE bislang zufrieden?

Ich denke, daß sich unsere musikalische Entwicklung anhand unserer bisherigen Veröffentlichungen durchaus nachvollziehen läßt. Vor allem was das Songwriting betrifft, ist »Second Life Syndrome« um einiges stärker ausgefallen als unser Debut. Aber auch die Produktion ist differenzierter und aussagekräftiger geworden, was ich ebenso der Entwicklung der Band zuschreiben würde. Nicht zuletzt durch die Umbesetzung am Keyboard, wo wir mit Michal einen richtigen Glücksgriff getan haben, macht sich im Nachhinein betrachtet ungemein bezahlt. Durch sein energisches Spiel gewinnen die Kompositionen an Kraft und vor allem an Ausdrucksstärke. Er brachte durch seinen Hammondsound auch unzählige 70er-Jahre-Einflüsse mit in den Sound von RIVERSIDE ein, wodurch wir schön langsam, aber sicher, geradezu unverwechselbar klingen. Es ist ungemein wichtig einen eigenen Sound zu entwickeln, durch Mariuszs Stimme, den einzigartigen Soli von Piotr und Michals Hammondklänge sind wir diesem Unterfangen schon recht nahe gekommen, würde ich meinen.

Kann man so stehen lassen. Was gibt es denn zum Thema "Shows" oder "Live-Performances" zu sagen?

Auch diesbezüglich sind wir keine Anfänger mehr. Schließlich hatten wir die Gelegenheit, noch vor der Veröffentlichung des neuen Albums einige Shows in Westeuropa zu spielen, wobei wir sowohl in kleinen Clubs, aber auch auf Festivals aufgetreten sind. Es war eine phantastische Erfahrung für uns, nicht zuletzt deshalb, weil wir für geniale Künstler wie KATATONIA, THE GATHERING oder Devin Townsend eröffnen durften. Bei den meisten Gigs waren wir von den Publikumsresonanzen nahezu überwältigt. Es war schon unglaublich, welcher Empfang uns diesbezüglich erwartet hatte. Zuletzt spielten wir auf dem "Eclipsed"-Festival in Deutschland und eine Club-Show in Belgien, wobei beide Konzerte absolut zufriedenstellend verlaufen sind. Speziell in den Benelux-Ländern scheinen wir schon eine recht eingeschworene Fangemeinde zu besitzen. Wir hoffen, schon bald wieder auf Tournee gehen zu können, um Westeuropa flächendeckend zu beackern.

Für eine Tournee bedarf es auch der nötigen finanziellen Mittel, die euch wahrscheinlich INSIDEOUT zur Verfügung stellen wird. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit diesem Label?

Das war einfach. Wir haben Thomas Waber von INSIDEOUT eine E-Mail geschickt und ihm mitgeteilt, daß wir uns von THE LASER'S EDGE trennen wollten und auf der Suche nach einem neuen Businesspartner wären. Nachdem wir ihn, auf seine Rückmeldung hin, mit unseren bisherigen Veröffentlichungen »Voices In My Head» und »Out Of Myself« bemustert hatten, bekamen wir fast postwendend ein Angebot von INSIDEOUT auf den Tisch. Wir sind geradezu ausgeflippt, als uns bewußt wurde, daß uns unser Lieblingslabel einen Vertrag angeboten hatte.

Das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit heißt »Second Life Syndrome« und liegt uns seit einigen Wochen vor. Wie mittlerweile bekannt ist, handelt es sich dabei vom Inhalt her um die Fortsetzung eines auf »Out Of Myself« begonnen Konzepts. Worum konkret geht es in der Geschichte?

Nachdem wir »Out Of Myself« fertiggestellt hatten, kam Mariusz mit der Tatsache auf uns zu, daß er zwar für jenes Album ein in sich geschlossenes Konzept ausgearbeitet hatte, jedoch die Story an und für sich noch weitergesponnen hatte, um noch weitere Alben damit auszustatten. Deshalb beschlossen wir, besagtes Konzept weiterzuverfolgen und im Endeffekt nicht nur »Second Life Syndrome«, sondern auch das dritte Album als Teil diese Konzepts zu betrachten. Auch wenn es dadurch wesentlich schwieriger wird, ein Werk zu kreieren, da der Inhalt quasi vorgegeben ist, stellen wir uns dieser Herausforderung.
Worum es konkret geht, ist für mich recht schwierig zu beantworten, da die Geschichte von Mariusz stammt und ich nicht genau über seine Gedankengänge informiert bin. Ich weiß aber, daß die Geschichte im Prinzip einen Teil seiner eigenen Geschichte beinhaltet und er eine Mischung aus fiktiven Stories und wahren Begebenheiten erschaffen hat. Den größten Einfluß auf seine Texte hat aber mit Sicherheit das Leben an sich, so daß man in seinen Texten zwischen den Zeilen sehr viel über ihn selbst erkennen kann. Viel mehr weiß ich aber leider nicht.

Schade eigentlich, aber was soll's. Steht denn auch das Cover in Zusammenhang mit diesen Geschichten?

Für »Second Life Syndrome« haben wir mit Travis Smith zusammengearbeitet, dessen Schaffen wir sehr schätzen. Da er auf eine Anfrage von uns recht positiv reagiert hat und sich bereiterklärte, für das Album das Artwork zu entwerfen, waren wir hocherfreut. Er mag unsere Musik und weiß auch über das Konzept recht gut Bescheid, weshalb man durchaus einen direkten Bezug herstellen kann. Wenn alles klargeht, wird er es wohl auch sein, der unser nächstes Werk illustrieren darf, wobei die Freude klarerweise bei uns ist.

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Besteht Eurer Meinung nach eine direkte Beziehung zwischen Musik wie Eurer und Kunst als solcher? Es muß wohl so sein, denn "Progressiver Rock" wurde früher als "Art Rock" bezeichnet.

Eigentlich sollte das so sein. "Progressiver Rock" oder auch "Art Rock" sollte per Definition eigentlich kunstvoll und/oder progressiv im Sinne dieses Ausdrucks sein. Doch leider wird mit diesem Begriff in letzter Zeit Schindluder getrieben. Als "progressiv" werden zwar unterschiedliche Bands wie DREAM THEATER oder ARENA bezeichnet, die musikalisch eigentlich kaum etwas gemeinsam haben, oder um das Beispiel noch krasser zu formulieren, GENESIS und Devin Townsend. Gibt es da noch irgendeinen hörbaren Zusammenhang? Wohl kaum, aber dennoch sind diese Acts progressiv, da sie ihre ureigene Art zu musizieren entwickelt haben. Leider gelten aber auch eine Menge Bands als "progressiv", die im Prinzip nur Ideen dieser Acts verwenden und mehr oder weniger spannende Songs daraus stricken Was bitte schön ist daran "progressiv"?
Mit Bezeichnungen wie "Neo Prog Rock", "Neo Art Rock" oder auch Progressive Metal kamen leider ebenfalls eine Unzahl an Bands aus dem Nichts, die in Wahrheit ebenfalls nur von bereits vor Jahren komponierten Songs anderer Bands stehlen, wodurch der Begriff "progressiv" ad absurdum geführt wird. Ich hoffe jedenfalls, daß RIVERSIDE nicht als "Neo Prog" oder "Neo Art" bezeichnet werden, denn damit erweist man uns nicht gerade eine Ehre.

Keine Angst, gerade durch die eher 70er-lastigen Keyboard-Sounds, aber auch die relativ düstere Atmosphäre klingt »Second Life Syndrome« nicht nur recht eigenständig, sondern hat auch noch an Tiefe gewonnen, und kein Mensch wird Euch mit Plagiatsvorwürfen konfrontieren. Weshalb klingt Euer neues Album dunkler als »Out Of Myself«?

Nach »Out Of Myself« und »Voices In My Head« haben wir bewußt versucht, unsere Musik ein wenig düsterer zu gestalten, da wir RIVERSIDE auch von dieser Seite präsentieren wollten. Vor allem bei den Live-Shows entsteht durch diese Düsternis eine ganz besondere Atmosphäre. »Second Life Syndrome« sollte beweisen, daß wir uns selbst keineswegs limitieren wollen und noch jede Menge Überraschungen und Unvorhergesehenes auf Lager haben.

Wie Du schon erwähnt hast, wollt Ihr demnächst Westeuropa mit Euren Klängen erfreuen. Wo sonst könntest Du Dir vorstellen, daß RIVERSIDE Gehör finden?

Wir wollen uns auch geographisch keineswegs limitieren. Wo auch immer auf der Welt den Fans nach unserer Musik ist, dort sollen sie diese auch geboten bekommen. Wenn jemand RIVERSIDE mag, ist es doch ganz egal, woher dieser Typ auch immer kommt.

Schon klar, ich wollte auch eher nach Verkaufszahlen und ähnlichem fragen. In Eurer Heimat dürftet Ihr zusammen mit einigen anderen Bands zur Speerspitze der polnischen Progressive Rock-Szene zu zählen sein. Bislang war Polen ja eher für Death Metal oder gothische Klänge bekannt. Ist Polen ein noch unentdecktes Plätzchen für Prog?

Es gibt eine Menge junger, talentierter Formationen auf diesem Gebiet hier bei uns. Vielleicht kennt jemand QUIDAM, die bei uns schon recht bekannt sind, oder SATELLITE, die ebenfalls zahlreiche Fans in Polen haben. Es scheinen aber tatsächlich noch jede Menge anderer Formationen im Underground zu existieren und erst in Bälde an die Oberfläche gelangen. Was Gothic und Death Metal betrifft, bin ich nicht unbedingt der Fachmann. Obwohl ich Gothic nicht unbedingt gerne mag, zählt »October Rust « von TYPE O NEGATIVE mit zu meinen persönlichen Favoriten, aber ist denn dieses Album überhaupt "gothic"?

Keine Ahnung. Tatsache ist aber, daß diese Band mit jenem Album ihr Highlight abgeliefert hat. Anderes Thema: Polen zählt seit geraumer Zeit auch zur EU. Bringt diese Mitgliedschaft Vorteile für eine Band wie Euch?

Ein paar Vorteile hat diese Sache schon mit sich gebracht, wenn auch kein großartiger Unterschied zu der Zeit vorher besteht. Aber wir können nun problemlos durch Europa touren, ohne irgendwelche Formalismen absolvieren zu müssen. Wir brauchen noch nicht einmal mehr einen Reisepaß, so gesehen ist das schon ein Vorteil. Was die Vereinigten Staaten betrifft, hat sich aber nichts geändert, deshalb hat es bislang auch noch nicht dazu gereicht, einmal auch in den USA auftreten zu können. Ich bin mir aber sicher, daß sich auch daran noch etwas ändern wird.

Das kann man nur hoffen, obwohl man nie sicher sein darf, ob es nicht eher schwieriger für Europäer wird, in die Staaten zu gelangen. Wie auch immer, welche Pläne haben RIVERSIDE noch, abgesehen davon, daß Ihr gerne in den Staaten auftreten würdet?

Im April 2006 geht es zunächst in Polen auf Tournee, bevor wir uns über den Rest von Europa hermachen. [lacht] Die Tour wird unter dem Motto "Second LIVE Syndrome" absolviert werden und soll je 15 Konzerte inner- und außerhalb von Polen beinhalten. Sollte die Angelegenheit mit unseren Visa planmäßig klappen, könnten wir ab Juli in die Staaten reisen, um dort zu spielen. Danach ist eine kurze Pause angesagt, bevor es an die Produktion des dritten Albums gehen wird. Ab September hoffen wir dann, einige Festivals in Europa beehren zu dürfen, was bedeutet, daß 2006 im Groben eigentlich schon komplett ge- oder besser verplant ist.

Auf die anstehenden Shows darf man sich jetzt schon freuen, denn ein wunderschöner Abend verspricht einer auf der "Second LIVE Syndrome"-Tournee auf Grund der Musik in jedem Fall zu werden.

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riverside@riverside.art.pl

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

RIVERSIDE (PL) im Überblick:
RIVERSIDE (PL) – Anno Domini High Definition (Rundling-Review von 2009 aus Online Empire 40)
RIVERSIDE (PL) – Online Empire 26-Interview (aus dem Jahr 2006)
RIVERSIDE (PL) – Online Empire 48-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2011)
RIVERSIDE (PL) – News vom 23.09.2016
RIVERSIDE (PL) – News vom 05.02.2020
Soundcheck: RIVERSIDE (PL)-Album »Out Of Myself« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 78" auf Platz 33
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