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Zu den absoluten Glanzlichtern 2005 zählte aus ver­öffent­lichungs­tech­ni­scher Sicht mit Sicherheit »The Empires Of The Worlds«. Dieses zweite Album eines britischen Quintetts namens BIOMECHANICAL überzeugt durch eine brachiale, aber aus­ge­wo­ge­ne, Mischung aus fast schon »Pain­kil­ler«-verdächtigen Riff-Kon­struk­tionen, einer satten Dosis Thrash Metal, ver­ein­zel­ten technischen Todesmörtel-Einsprengsel und zahlreichen ex­peri­men­tel­len Ele­men­ten, die auch aus einem Soundtrack stammen könnten. Kopf der Band ist John K., ein Grieche, der aber schon seit Jahren in England lebt und zumindest seit seinem Engagement bei den Melodic Metallern von BALANCE OF POWER ein Begriff sein sollte.
Aber nicht nur die Musik als solche, auch das abgefahrene Konzept, das den Fan geradezu dazu verdonnert, »The Empires Of The Worlds« am Stück zu hören, trug sehr viel zur Euphorie rund um das Album bei.
John K. (oder Yiannis Koutselinis, der unter diesem Namen in seiner Heimat mit seiner damaligen Band DECEPTOR bereits 1989 und 1990 mit einigen Demos auf sich auf­merk­sam machen konnte) war es auch, der sich den unzähligen Interviewanfragen stellte und diese, wie es sich für einen Griechen nun einmal schickt, auf freundliche, relaxte und sehr unterhaltsame Weise beantwortete.

Welchen Umständen haben wir die Existenz der Band eigentlich zu verdanken?

Als ich 1999 nach England gekommen bin, hatte ich zunächst bei Steve Brown im Studio gearbeitet. In dieser Zeit ist in mir der Wunsch aufgekommen, auch selbst ein Album zu komponieren und nicht nur die Musik anderer Bands zu produzieren. Genau aus jenem inneren Verlangen ist BIOMECHANICAL entstanden. Die ersten Songs kamen dann unter dem Titel »Distorted« als Demo auf den Markt, das ich zusammen mit Steve Forward (g) und Jamie Hunt (g) eingespielt hatte.
Zwar ging nicht alles so einfach, wie ich es erwartet hatte, aber im Endeffekt ließ sich mein Traum von der eigenen Band doch relativ unkompliziert realisieren. Mit Jamie, Chris Webb (g), Jon Collins (b) und Matt C. (d) war auch bald das optimale Line-up zusammen und in eben dieser Besetzung spielten wir die Songs des Demos nochmals für unser Debut »Eight Moons« ein. Dieses wurde 2002 in Eigenregie eingespielt und 2003 über REVOLVER RECORDS veröffentlicht. Heute haben wir mit EARACHE ein wahrlich renommiertes Label im Rücken und sind stolz auf unsere neues, eben erst erschienenes Album »The Empires Of The Worlds«.

Auf eine Scheibe wie diese darf jede Band stolz sein, dennoch wollte ich zunächst ein wenig in deiner Vergangenheit blättern. Bevor Du mit BIOMECHANICAL in die Analen des Schwermetalls eingegangen bist, konntest Du Dir bereits als Sänger von BALANCE OF POWER einen recht guten Namen ersingen. Warst Du damit nicht ausgelastet genug, oder waren BIOMECHANICAL damals schon Deine Priorität?

BIOMECHANICAL waren schon aktiv, bevor mich Vince Brotheridge, der Manager von BALANCE OF POWER, kontaktierte, um mir mitzuteilen, daß er einen Sänger für die Band benötigen würde. Die Zusammenarbeit mit den Jungs lief auch ganz gut, wie auf »Heathen Machine« nachzuhören ist. Das war 2003 und ich hatte gehofft, mit dieser Band auch auf Tournee gehen zu können, doch außer einigen, zugegebenermaßen aber recht gelungenen, Festivalgigs, war leider nichts drin.

Weshalb hast Du Dich von BALANCE OF POWER wieder verabschiedet?

Das Problem war, daß mich meine Beschäftigung bei BALANCE OF POWER eigentlich in meiner Aktivität mit BIOMECHANICAL behinderte. Ich schaffte es einfach nicht, beide Bands unter einen Hut zu bringen. Deshalb entschied ich mich, wieder auszusteigen. Im Nachhinein betrachtet, sehe ich diese Zeit als Lernprozeß an, denn ich mußte feststellen, daß ich es einfach nicht schaffe, so wie andere Musiker, auf mehreren Hochzeiten zeitgleich zu tanzen. Seit damals bin ich ausschließlich mit BIOMECHANICAL beschäftigt und ich denke, daß das auch gut so ist.

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Was haben die anderen Bandmitglieder so getrieben, bevor Du sie rund um Dich geschart hast?

Jon Collins, unser Basser, der im übrigen auch die Texte schreibt, konzipiert und ausarbeitet, war zuvor in einem Symphonieorchester aktiv und bringt diese Einflüsse natürlich auch mit. Unser Drummer Matt spielte bei einer Band namens VIOLATION, während Chris und Jamie eher unbeschriebene Blätter sind, die ich im Laufe der Zeit eher zufällig kennengelernt habe.

Und die Geschichte der Band startete quasi mit »Distorted«?

Gewissermaßen schon, denn Matt hatte damals die Idee, das Demo an REVOLVER zu senden, was sich nachhaltig als Glück herausstellte, da man uns alsbald einen Deal angeboten hatte. Allerdings dauerte es doch noch ein Jahr bis REVOLVER RECORDS tatsächlich mit dem Album an die Öffentlichkeit trat. Das war auch nicht unbedingt erfreulich, da ich in meiner Intention BIOMECHANICAL voranzutreiben, abermals gestoppt wurde.

Noch dazu ist das Album nicht gerade einfach zu erhalten. Wäre es denn nicht an der Zeit, über einen Re-Release nachzudenken?

Das Label war schon okay, aber der Vertrieb war katastrophal. Irgendwie scheint außer Presseleuten kein Mensch das Album zu besitzen. So gesehen würde ein Re-Release wahrlich Sinn machen, allerdings haben wir noch keine konkreten Gespräche dazu geführt. Aber ich bin guter Dinge, auch »Eight Moons« nochmals über ein perfekt arbeitendes Label ausgeliefert zu wissen.

Womit wir beim nächsten Thema wären. Wie kam es zum Vertrag bei EARACHE, einem Label das ja eher auf metallische Extremitäten spezialisiert ist?

Als Exoten sehen wir uns nicht gerade und da sich EARACHE in den letzten Monaten auch nach weniger extremen Bands umgesehen haben, glaube ich doch, daß diese Zusammenarbeit ein gute sein wird. Außerdem behandeln sie uns als Top-Thema, was uns natürlich auch sehr schmeichelt, wenn man BIOMECHANICAL als Priorität betrachtet.

Vor allem Du scheinst seit den Anfängen oberste Priorität auf die Band zu legen, was sich nachhaltig auf die Qualität der Musik von BIOMECHANICAL ausgewirkt zu haben scheint. Was darf man sich hinter der konzeptionellen Geschichte vorstellen?

Im Prinzip handelt es sich zwar um eine Konzeptstory, jedoch darf man es sich nicht so vorstellen, daß wir eine Geschichte von Anfang bis zu Schluß erzählen.
Viel eher verarbeiten wir unterschiedliche Science Fiction-Stories zu einer Einheit, die zwar durch einen roten Faden zusammengehalten wird, jedoch aus einzelnen Fragmenten besteht, die man auch als solche verstehen kann, ohne die gesamte Geschichte kennen zu müssen. Klingt verwirrend, ist aber im Laufe der Zeit so entstanden. An Vergleichsmöglichkeiten fallen mir am ehesten Filme wie "Matrix" ein, um eine grobe Orientierungshilfe zu haben. Zudem besteht ein direkter Zusammenhang zu »Eight Moons«, auf dem es um einen Individualisten gegangen war, der seine innere Angst bekämpfen mußte. Auf »The Empires Of The Worlds« ist der Kerl zu einem jener Charaktere geworden, die er früher bekämpft hatte.

Klingt reichlich verwirrend, aber perfekt passend zu den ebenso mit unter recht wirr strukturierten Songs. Womit wir nochmals bei Thema »The Empires Of The Worlds« wären: Was gibt es zum Songwriting bzw. zur Scheibe an sich zu sagen?

Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß ich, obwohl ich quasi der Gründer von BIOMECHANICAL bin, es sehr schätze, daß man uns als Band betrachtet. Das Album wäre ohne die Jungs sicherlich nicht so ausgefallen, wie man es hören kann. Was das Songwriting betrifft, muß ich vorweg anmerken, daß wir musikalisch sehr unterschiedliche Vorlieben haben, die wir auch auf »The Empires Of The Worlds« erst unter einen Hut bringen mußten. Diese reichen von Prog Metal über traditionellen Metal bis hin zu Power und Thrash Metal, aber auch Soundtracks unterschiedlicher Machart dürfen diesbezüglich nicht vergessen werden. Genau jene mannigfaltigen Einflüsse machen die Mischung auf der Scheibe aus.

Dazu darf auch der üppige, brutale Sound, für den niemand Geringerer als Andy Sneap verantwortlich zeichnete, nicht vergessen werden. Wie kommt man als eher unbekannte Band an so einen Produzenten?

Über EARACHE, die haben die Kohle. [lacht] Wir mußten uns zunächst innerhalb der Band einigen, und Andy war einer der Wunschkandidaten. Wenn ich das Ergebnis höre, muß ich gestehen, daß mich der Sound geradezu umgeblasen hat. Es war also die richtige Entscheidung, wenn es auch eine ordentliche Stange Geld gekostet hat, die wir hoffentlich nicht zurückzahlen müssen. [lacht]

Die Investition hat sich mit Sicherheit geloht, zumal Andy wohl im Moment zu den absoluten Koryphäen in der Szene zu zählen ist und deshalb einen mehr als guten Ruf innehat. Einige der Bands, mit denen Andy bereits gearbeitet hat, wie beispielsweise NEVERMORE wurden auch desöfteren zitiert, als es galt, die Musik BIOMECHANICAL zu beschreiben, während es zu Zeiten von »Eight Moons« in erster Linie noch QUEENSRŸCHE waren, die genannt wurden. Es scheint als ob Ihr Euch, wenn schon nicht stilistisch, zumindest regional festgelegt haben dürftet.

Ach ja [lacht], aber da war aber keinerlei Absicht dahinter. Während uns früher jeder zweite Kritiker mit QUEENSRŸCHE verglichen hat, waren es nun unter anderem eben NEVERMORE. Allerdings dürften die Vergleichsmöglichkeiten offenbar erweitert worden sein, denn zu NEVERMORE wurden auch sehr häufig FEAR FACTORY, STRAPPING YOUNG LAD, JUDAS PRIEST und PANTERA genannt; alles Bands, die ich sehr schätze, wenn ich auch zugeben muß, nicht wirklich der Metaller schlechthin zu sein; das sind eher meine Kollegen. Ich persönlich höre mir am liebsten abgefahrene Soundtracks an.

Dieser Einfluß ist der Scheibe sehr wohl auch anzuhören und die Entwicklung voll und ganz nachzuvollziehen. Allerdings kann ich mir aber noch nicht ganz erklären, wie die Sache auf der Bühne aussehen soll?

Ich weiß, daß ein solches Unterfangen schwierig sein wird, aber mit Hilfe von Backtracking-Systemen sollten sich diese Passagen durchaus reproduzieren lassen. Allerdings werden wir ein solches System nicht bei jedem Gig verwenden, da es die Band irgendwie einschränkt. BIOMECHANICAL wollen auch live nur das bestmögliche aus ihren Songs machen und deswegen wollen wir uns nicht fixieren, wie und in welcher Form wir technische Hilfsmittel verwenden werden.

Wie sieht es generell mit Konzerten aus?

Eine Tournee ist an und für sich noch nicht geplant, aber einzelne Gigs hier in England werden wir mit Sicherheit spielen. Außerdem hoffen wir, auch außerhalb unserer Landesgrenzen gastieren zu können, für mich wäre es natürlich eine besondere Angelegenheit, in Griechenland spielen zu dürfen.

Was Ende des Jahres 2005 auch Realität geworden ist als BIOMECHANICAL in Athen auftreten konnten, nachdem eine England-Tournee mit STAMPIN' GROUND absolviert wurde.
Eventuell schaffen es die umtriebigen Musiker ja demnächst auch zu uns auf den europäischen Kontinent. Der Grieche John K. würde mit Sicherheit auf ein großes Gefolge blicken können, denn »The Empires Of The Worlds« wird wohl nicht nur in meinem CD-Schacht zum Dauergast geworden sein.

http://www.biomechanical.co.uk/

biomechmailbox@aol.com

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Photo: Jeremy Chaplin

BIOMECHANICAL im Überblick:
BIOMECHANICAL – Eight Moons (Rundling-Review von 2004 aus Online Empire 18)
BIOMECHANICAL – The Empires Of The Worlds (Rundling-Review von 2005 aus Online Empire 23)
BIOMECHANICAL – Online Empire 26-Interview (aus dem Jahr 2006)
BIOMECHANICAL – News vom 25.07.2007
BIOMECHANICAL – News vom 21.08.2007
BIOMECHANICAL – News vom 03.09.2007
BIOMECHANICAL – News vom 30.09.2007
BIOMECHANICAL – News vom 14.03.2008
Soundcheck: BIOMECHANICAL-Album »The Empires Of The Worlds« im "Soundcheck Heavy 82" auf Platz 7
Playlist: BIOMECHANICAL-Album »The Empires Of The Worlds« in "Jahrescharts 2005" auf Platz 6 von Walter Scheurer
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