Mit ihrem aktuellsten Album »Strength, Power, Will, Passion« beweisen uns HOLY MOSES und allen voran natürlich Frontdame, Aushängeschild und Identifikationsfigur Sabina Classen, einmal mehr, weshalb diese Band immer noch unbedingt zu erwähnen ist, wenn von hochwertigem Thrash Metal "Made in Germany" die Rede ist. Wie eigentlich immer schon, basieren die Songs auf dichten Riffwänden und groove-betonten Rhythmen, aber Sabinas markantes Goldkehlchen setzt den Kompositionen erst das Sahnehäubchen auf. Aber dennoch ist nicht alles so wie es immer war, wie uns auch Sabina im vereinbarten Interview mitzuteilen hatte, denn die Dame hat vom Metal noch lange nicht genug, was auch gut so ist!
Der Titel »Strength, Power, Will, Passion« prangt wohl nicht zu Unrecht auf dem Cover eures neuen Albums. Was steckt dahinter?
Die vier Begriffe gehören ohne Frage zusammen und versinnbildlichen meine Einstellung, wenn es um HOLY MOSES geht. Keiner dieser Werte darf dir abhanden kommen, wenn du mit einer Band wie dieser erfolgreich sein willst. Ich bin nun schon seit gut 25 Jahren Teil dieser Band und HOLY MOSES sind ein Teil von mir, aber ohne diese Einstellung wäre dieses Kapitel wohl schon längst Geschichte. Auch die Texte passen allesamt zu dieser Thematik, denn im Prinzip wirken sie im Nachhinein betrachtet fast wie Tagebuchaufzeichnungen.
Auffällig an der neuen Scheibe ist neben der Musik vor allem auch die Tatsache, daß zum ersten Mal Andy Claasen nicht mit von der Partie war. Weshalb?
Die Geschichte ist eigentlich eine längere. Als ich im Jahre 2000 beschlossen hatte, TEMPLE OF THE ABSURD aufzulösen und mich fortan wiederum um HOLY MOSES zu kümmern, war Andy sofort bereit, mir wieder unter die Arme zu greifen. Allerdings war von Beginn an klar, daß er keineswegs wieder ins Line-up der Band zurückkehren wollte, da sein Terminplan mit dem Studio mehr als überfüllt war. Er wollte sich ausnahmslos um Songs kümmern und war mir diesbezüglich sehr behilflich. Als Michael Hankel, unser Gitarrist, bei HOLY MOSES eingestiegen war, spürte ich sofort, daß ich mich in seiner Gegenwart ähnlich fühlte, wie es bei Andy der Fall war. Da Michael auch ein talentierter Produzent und Arrangeur ist, lag es auf der Hand, ihn diesbezüglich einzuspannen, ihm gleichzeitig aber auch den benötigten Freiraum zuzubilligen, zumal sich schon vor einiger Zeit abzeichnete, daß ich mit ihm einen richtigen Glücksgriff gemacht habe. Wie mit Andy besprochen, zog er sich wieder aus den Belangen von HOLY MOSES zurück, da wir unsere Zusammenarbeit bis zu jenem Zeitpunkt vereinbart hatten, bis die Band wieder fest auf eigenen Beinen stehen könnte.
Genau das ist nun eingetreten und da Michael auch bestens Bescheid weiß, wann welche Gesangsparts in einen Song gesetzt werden müssen, ließen wir es auf den Versuch ankommen.
Klingt einleuchtend und läßt auch auf weitere Scheiben hoffen.
Aber sicher doch, ich habe noch lange nicht genug. [lacht] Außerdem ist die derzeitige Besetzung stark genug, um auch längerfristig zu existieren und die Chemie innerhalb der Band stimmt ebenfalls wieder. Die "Testphase" von HOLY MOSES im neuen Gewand ist quasi abgeschlossen, wir sind bereit zu neuen Taten!
Dazu scheint auch die Zeit reif zu sein, denn in letzter Zeit dürfte der gute alte Thrash Metal auch wieder im Aufwind sein.
Das wird aber auch höchste Zeit! [lacht] Nein, im Ernst. Ich bekomme fast täglich interessante Demoveröffentlichungen von jungen, hungrigen Acts zu hören, die den Thrash Metal so intonieren, wie es sein sollte. Auch wenn sich ein Teil jener Bands vor allem gesangstechnisch eher im Death Metal-Bereich bewegt, ist musikalisch eindeutig der Einfluß des Thrash herauszuhören. Genau genommen kann man diesbezüglich ja auch gar nicht so streng differenzieren, denn die Wurzeln sind eindeutig dieselben.
Die Sache mit den Demo-Veröffentlichungen ist ein gutes Stichwort. Du bist ja auch zum Erwerb Deines täglichen Brotes in der Szene verankert.
Ja, ich bin bei ARMAGEDDON MUSIC involviert und dort in der A & R-Abteilung tätig. Deswegen bin ich rund um die Uhr mit Heavy Metal konfrontiert, was mir sehr viel Spaß macht und ja nicht gerade jeder von sich behaupten kann. [lacht]
Zurück zur Band an sich und vor allem zu weiteren Taten. Im Aufwind des Thrash Metal wäre es auch wieder an der Zeit, umfassend auf Tournee zu gehen. Auch außerhalb Deutschlands wart Ihr immer gerngesehene Gäste.
Danke für die Blumen. Für eine durchgehende Tournee ist es wohl noch zu früh. Vor allem aber ist es auch zu kostenintensiv, um ein derartiges Unterfangen in Eigenregie zu starten. Für einzelne Gigs ist es aber kein Problem, uns auch im benachbarten Ausland sehen zu können. So haben wir heuer schon in Holland und Belgien gespielt, doch das waren immer nur Festival- oder Clubgigs. Ich bin aber zuversichtlich, daß diesbezüglich in Zukunft noch einiges von HOLY MOSES zu erwarten ist.
Da würde sich doch eine Double-Headliner Tournee mit einer anderen Formation dieses Schlages geradezu anbieten.
Ja, daran haben wir auch schon gedacht und sind auch schon in Verhandlungen, doch leider ist noch nichts bestätigt.
Ich nehme an, es sollte aber doch eine Band sein, die, wenn sie schon nicht über Eure Routine verfügt, zumindest von der Einstellung her zu Euch paßt?
Das bestimmt. Wie gesagt, stilistisch wäre es gar nicht so tragisch, wenn die Band nicht hundertprozentig zu uns paßt, aber gerade den Spirit der alten Schule, sollte man schon erwarten dürfen. Man darf HOLY MOSES diesbezüglich auch gerne als Referenz sehen, denn bei uns hat sich sowohl die Musik entwickelt als auch das Line-up fast vollständig verändert, die Einstellung zur Sache an sich ist aber immer gleichgeblieben. Metal ist nun einmal mehr als nur Musik!
Leider ist ein Teil der Bewegung aber auch zum reinen Geschäft geworden. Selten zuvor gab es derart viele Veröffentlichungen und Plattenfirmen.
Das stimmt, aber der echte Metal, welche Art davon man auch immer meint, wird in einigen Jahren, wenn viele der zur Zeit aktuellen Bands schon wieder Geschichte sind, noch immer gespielt werden. Das war ja auch schon zu Zeiten so, als kein Mensch nach Heavy Metal verlangt hat und den Kids von den Medien völlig andere Sounds vorgekaut wurden, um sich daran erfreuen zu können.
Zum Thema HOLY MOSES hätten wir nun so ziemlich den aktuellen Stand der Dinge erfahren. Was aber bisher immer noch ein wenig im Dunkeln liegt, ist der Grund, weshalb Du TEMPLE OF THE ABSURD nach der zweiten Scheibe »Mother, God, Creator« nahezu sang- und klanglos untergehen hast lassen.
Als ich mich nach dem damaligen Ende von HOLY MOSES nicht nur auf der persönlichen Ebene nach neuen Horizonten umsah, lag es fast auf der Hand, eine Band ins Leben zu rufen, bei der ich mit meiner damaligen Situation besser umzugehen lernte. Rückblickend kann ich sagen, daß diese Phase eine ganz besondere in meinem Leben war, die ich nicht missen möchte. Allerdings war mir nach der Aussöhnung mit Andy im Jahre 2000 wieder danach HOLY MOSES erneut aufleben zu lassen und TEMPLE OF THE ABSURD zu den Akten zu legen, da es keinen Sinn machte, in eine Band zu investieren, deren Intention eben abgehakt worden war.
Soviel also zum Laufe der Geschichte und der Gegenwart. Wie wir Sabina kennen wird es wohl auch in Zukunft noch einiges von HOLY MOSES zu berichten geben.
Dazu noch ein kleiner Tip: Sabina versteht es offenbar auch sehr gut unterhaltsame Texte zu verfassen, diesbezüglich sei die von ihr verfasste, detaillierte History der Band hingewiesen, die auf der Webpage von HOLY MOSES zu lesen ist.
Photos: Shotz!