DEEP PURPLE – Machine Head (40th Anniversary Edition) (Digi-Cardboard)
EMI ELECTROLA
40 Jahre! 40 Jahre sind vergangen, seit DEEP PURPLE ihren letzten Meilenstein mit der Mark II-Besetzung (in ihrer ersten Phase) setzten, denn der '74er Nachfolger »Who Do We Think We Are« offenbarte schon den Zerfallsprozeß innerhalb der Band, da in kreativer Hinsicht nur noch ›Woman From Tokyo‹ zu überzeugen wußte. Doch mit »Machine Head« teilte die Truppe der Welt nochmal laut und deutlich mit, daß sie die Rockszene bis in ihre Grundfesten erschüttern und einen riesengroßen Fußabdruck in selbiger hinterlassen werden.
So ist dieser Tage »Machine Head« mit neuem Remaster wiederveröffentlicht worden, so daß wir uns die Zeit nehmen können, dieses Wunderwerk ein weiteres Mal zu begutachten.
Es ist allein schon phänomenal, wie die Musiker bei ›Highway Star‹ den Motor langsam warmlaufen und auf Touren kommen lassen, bevor dann Ian Gillan mit seiner markanten Stimme die Regentschaft übernimmt. Doch nicht lange: Nach etwa dreieinhalb Minuten schließt sich das famose Orgelsolo von Jon Lord an, der damit mächtig vorlegt. Doch sein kreativer Gegenpol, Ritchie Blackmore an der Gitarre, schafft es in der Tat, bei seinem Solopart gleichzuziehen: Er faßt dabei gewisse Themen aus Jons Solo auf, interpretiert sie aber mit den bewährten Blackmore-Händen.
Nach diesem unvergleichlichen Auftakt erscheint der Nachfolger ›Maybe I'm A Leo‹ fast schon wie ein Rohrkrepierer, doch dies wäre eine durch und durch falsche Interpretation, denn auch wenn es sich hierbei vermutlich um das farbloseste Stück des Albums handelt, so hat die lässig groovende Nummer doch ihren ganz eigenen Charme.
Doch gewiß: Schon das anschließende, von einem melodischen Blackmore-Thema getragene ›Pictures Of Home‹ ist da weitaus eingängiger und hitverdächtiger geraten.
Weiter geht es mit ›Never Before‹, wo auch wieder verstärkt auf Groove gesetzt wird, doch hier ist die Gesangslinie deutlich prägnanter und mitsingbarer ausgefallen, so daß sich ›Maybe I'm A Leo‹ weiterhin mit seinem Mauerblümchenstatus zufriedengeben muß.
Nachdem wir dann die Scheibe virtuell auf die B-Seite gedreht haben, passiert es: DEEP PURPLE erzählen in ›Smoke On The Water‹ ganz beiläufig die Geschichte von den Aufnahmen dieses Albums und haben sich allerspätestens mit diesem Gitarrenriff auf ewig unauslöschlich in die Analen der Rockgeschichte eingetragen. Doch auch hier sieht man, wie wichtig die Dynamik zwischen Blackmore und Lord war, denn auch bei ›Smoke On The Water‹ versteht es der Tastenmann mit einigen pfiffigen Ideen, den Song zu veredeln, so daß er seinem kreativen Erzrivalen selbst auf seinem ureigenen Terrain, nämlich dem Riff, dem Riff schlechthin, eine Nase dreht.
Es folgt ›Lazy‹, wo die Instrumentalisten, gar nicht faul, erst mal viereinhalb Minuten allein agieren, bevor dann Schlafmütze Gillan für die nächsten drei Minuten doch noch ein bißchen mit extrem relaxtem Gesang zum Zuge kommt, dafür aber auch noch eine Runde mundharmonieren darf.
Für den treibenden Abschluß sorgt dann der Kracher ›Space Truckin'‹, der mittels der »Made In Japan«-Livescheibe zur Legende werden sollte, da DEEP PURPLE das Stück mittels Soloeinlagen auf fast 20 Minuten ausdehnten. Doch auch in der Studioversion dokumentiert diese Nummer, wie wichtig trotz der Wahnsinnsstimme von Ian Gillan und dem nun mehrfach thematisierten instrumentalen Ringkampf zwischen Blackmore und Lord gerade das federleichte und doch bestimmende Schlagzeugspiel von Ian Paice, um das sich in perfekter Manier die Baßläufe von Roger Glover winden, für den PURPLE-Gesamtsound ist.
Doch halt, was heißt hier Abschluß? Das galt nur damals, als das Vinyl erschien und aus Platzgründen an dieser Stelle enden mußte. Denn: Wie schon beim '97er Remix zum 25-jährigen Jubiläum beendet auch heuer erfreulicherweise die gefühlvolle Ballade ›When A Blind Man Cries‹ das Album, so daß diese neue Auflage auch einen echten Mehrwert hat.
Zwar ist die Standardversion der 40th Anniversary Edition von »Machine Head« im aufklappbaren Cardboard doch eher unspektakulär, jedoch es gibt für Sammler auch eine riesige Box, die allerdings auch mit etwa 40 Euro zu Buche schlägt.
So bleibt zum Abschluß allenfalls noch die Überlegung, ob denn »In Rock« oder »Machine Head« die bessere DEEP PURPLE-Platte ist, doch zum derzeitigen Jubeltag erhält auf alle Fälle »Machine Head« unseren ganzen Applaus.