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SAMAEL
FLOWING TEARS

Kulturfabrik, Krefeld

24.11.2004

Ich habe lange nichts mehr von mir hören lassen, was sicher nicht durch Lustlosigkeit, sondern vielmehr durch enormen Zeitmangel begründet ist. Aber Leute - von diesem grandiosen Gig muß ich Euch schreiben!
Zunächst mal ein bißchen Historie für all diejenigen, die so gar keinen Plan haben, wovon ich denn eigentlich berichten möchte: Da ich ein bekennender SAMAEL-Fan seit nunmehr über zehn Jahren bin, war es für mich keine Frage, mir das neue Album »Reign Of Light«, seit Oktober frisch auf dem Markt, zuzulegen. Seit über fünf Jahren (!) hatten die Schweizer Ex-Black-Metaller keine neue Scheibe produziert, und so langsam wurde es doch echt Zeit. Meine Meinung. Die Meinung anderer fällt da sicher etwas anders aus, bedenkt man die rege Diskussion anno 1996, als SAMAEL ihr erstes Werk mit Beats vom Drumcomputer (»Passage«) veröffentlichten. Manch einer wandte sich damals ab, zumal sich SAMAEL vom Black Metal der vorangegangenen Alben stark distanzierten. Ich wiederum fand die Sache mit dem Drumcomputer zwar zuerst auch nahezu skandalös und vor allem befremdend, konnte mich aber dann doch sehr gut mit dem Album anfreunden und lernte es zu lieben. Diese Klippe übersprungen, ist ein wahrer SAMAEL-Fan wohl für jede weitere Schandtat bereit, was auch immer da kommen mag... Nun ja, über die EP »Exodus«, wo SAMAEL sich im Elektro-Stil versuchten, sollte man lieber kein Wort verlieren. Dann das zunächst letzte Werk »Eternal« im Jahre 1999: Wieder einmal hatten es SAMAEL geschafft, ihren Stil weiterzuentwickeln, böse Zungen meinten auch, der Kommerz halte nun auch bei SAMAEL unaufhaltsam Einzug. »Eternal« klang zwar wieder etwas mehr nach »Passage«, aber die Keyboards spielten eine weitaus größere Rolle, was das Ganze dann wohl zum Teil leicht "poppig" klingen ließ. Aber - allen Kritikern zum Trotz - auch dieses Album birgt zahlreiche Ohrwürmer, und wenn man erst mal die Scheibe im Ohr hatte, war sie da nicht mehr rauszubekommen.
SAMAEL gönnten sich also dann eine ziemlich lange Pause. Nach drei Jahren gab es endlich noch mal ein Konzert in Deutschland - aber man irrte sich, wenn man glaubte, daß "da was Neues kommt". Pustekuchen. Auch auf meine Frage an die Herren, ob denn eine neue Platte in naher Zukunft in Aussicht sei, wurde nur ausweichend geantwortet. Nun gut, die Hoffnung stirbt zuletzt... Jetzt - im Jahre 2004, da die große Woge des kommerziellen Metals sich wohl so langsam wieder glättet, werden SAMAEL wieder aktiv - mit einem großartigen Album mit elf großartigen Titeln. »Reign Of Light« ist ein gelungenes Zusammenspiel von Elementen aus der »Passage«-Zeit und der keyboardlastigen »Eternal«. Und vor allem hat Vorph als Frontmann noch immer nichts verloren von seiner beeindruckenden Ausstrahlung und seiner charakteristischen Stimme (schmelz!).

FLOWING TEARS-Liveshot 1

So weit das Vorgeplänkel. Kurzentschlossen wollte ich also ein weiteres Mal einen Auftritt meiner Lieblings-Schweizer auf keinen Fall verpassen. Tatort: Krefeld, "Kufa". Tatzeit: ein beschissen kalter Mittwoch im November. Schon im Vorfeld zeichnete sich ab, daß diesem Konzert nicht die große Masse an Publikum beiwohnen würde. Selber schuld! Ihr habt was verpaßt! Zunächst galt die Aufmerksamkeit der Zuschauer der Vorgruppe FLOWING TEARS, einer deutsche Gothic Metal-Band, die zur Zeit wohl noch etwas im Strom des bisweilen sehr populären "Weiber"-Metals schwimmen, wo Frontfrauen das Zepter mit ihren mehr oder weniger gewaltigen Stimmen in der Hand halten (wollen). Aber dennoch Respekt, denn Frontfrau Helen hat eine beachtliche Stimme und zeichnet sich vor allem dadurch aus, daß sie als Frau auch die Kunst des Kreischens beherrscht. Kompliment! Ansonsten klimpern mir für meinen Geschmack FLOWING TEARS einfach etwas zu viel auf dem Keyboard herum.

FLOWING TEARS-Liveshot 2

Also widmen wir uns lieber wieder den wirklich beeindruckenden Dingen des Abends: Gegen 22:20 Uhr traten SAMAEL auf die Bühne. Im Hintergrund: zwei Leinwände, auf denen sich Bilder vom Weltraum, Planeten, Textpassagen oder einfach nur Schwarzweiß-Aufnahmen des sogenannten Drummers abspielten. SAMAEL stimmten die mittlerweile doch etwas zahlreicher anwesenden Fans mit einem Klassiker namens ›Rain‹ ein, dem ersten Song vom 1996er Album »Passage«. Ein gelungener Einstieg! Und ein weiterer Klassiker vom eben genannten Album gleich hinterher: ›Shining Kingdom‹! Die kleine Gemeinde eingeschworener, fachkundiger Fans war total aus dem Häuschen. Frontmann Vorph stand in bekannt dominanter Art vor dem Mikrofon und zupfte seine Saiten, während sein Bruder und Bassist Masmiseim will herumhüpfend zeigte, daß er wahrlich viel Spaß hatte. Und den hatte auch das Publikum! In eineinhalb Stunden brachte Samael mit einer großartigen Mischung von vielen alten Songs und einigen Titeln vom neuen Album die Kufa zum Kochen. Sehr beeindruckend fand ich vor allem, daß der Anteil alter Stücke wesentlich höher war als Songs von der neuen Scheibe. Beachtlich, denn für eine Release-Tour ist eine derartige Vorgehensweise recht außergewöhnlich. Für meinen Geschmack war die Zusammenstellung perfekt. Vom noch dem Black Metal zuzuordnenden Meisterwerk »Ceremony Of Opposites« wurden drei Stücke dargeboten. Und - der schönste Moment des Abends: SAMAEL spielte ›Baphomet's Throne‹! Danke, danke, danke!!! Die meisten alten Songs nahm SAMAEL von »Passage«, wovon, wenn ich richtig gerechnet habe, sage und schreibe fünf Lieder gespielt wurden. Man beachte: von einer CD, die nun über acht Jahre auf dem Markt ist. Vom vorletzten Album »Eternal« erklangen überraschenderweise nur zwei Stücke. Für »Reign Of Light« warben die Schweizer mit circa 75 Prozent der Platte. Hervorheben, sozusagen lobend erwähnen, möchte ich an dieser Stelle vor allem dem gleichnamigen Song »Reign Of Light«. Andererseits kann man bei diesem Album kaum Abstriche machen, da jeder Titel für sich eine besondere Note hat. Man könnte auch sagen, das neue Album zeichnet sich durch extrem gleichbleibende Qualität bis zum letzten Titel aus.

SAMAEL-Liveshot 1

Mein Resümee: Der Abend mit SAMAEL verging viel zu schnell. Es war eine Zeitreise durch zehn Jahre einer großartigen Metal-Band, die ihrem Stil treu bleibt und zeigt, daß sie trotz Drumcomputer eine bravouröse Live-Darbietung zeigen kann; angefangen bei der Liedauswahl, über die Performance bis hin zur Akustik. Nebenbei angemerkt: so ganz auf echte Becken, Hi-Hat und Toms verzichteten SAMAEL auch nicht. Insofern machen auch gerade diese Elemente ein SAMAEL-Konzert zu einem wahren Erlebnis.

SAMAEL-Liveshot 2

Bleibt nur noch die Frage offen, warum ich diesen Konzertbericht im UNDERGROUND EMPIRE plaziere. Die Antwort: Ich finde, man kann SAMAEL mit nichts vergleichen, und vielleicht gerade deshalb sind sie eben nicht zu solchen langweiligen Pop-Idolen mutiert, die jeder Idiot plötzlich hört und deren Erfolg auf lange Zeit nur einem Strohfeuer ähnelt. Konstanz, eigener Stil und Ehrlichkeit zahlen sich eben doch aus und sind auf die Dauer beständiger; auch, wenn man eben mal fünf Jahre nichts von sich hören läßt. In diesem Sinne beende ich nun meine Lobeshymne auf SAMAEL und sage nur: "Keep rolling, don't ever let yourself drown, keep the good vibe going. You'll never miss a thing, you're in, come on and rise... Free your soul, catch the dream where we all shine... Stand as you are and let it begin: the reign of light"!


Tanja Schwarz

Photos: Hans-Martin Issler

P.S.: Ein herzlicher Dank geht an Hans-Martin Issler, der so freundlich war, uns einige seiner vorzüglichen Livephotos zur Verfügung zu stellen. Danke, werter Kollege!

Stefan Glas

FLOWING TEARS im Überblick:
FLOWING TEARS – Invanity (Rundling-Review von 2007 aus Online Empire 33)
FLOWING TEARS – Serpentine (Rundling-Review von 2002 aus Online Empire 11)
FLOWING TEARS – Thy Kingdom Gone (Rundling-Review von 2009 aus Online Empire 38)
FLOWING TEARS – Thy Kingdom Gone (Rundling-Review von 2009 aus Y-Files)
FLOWING TEARS – Online Empire 12-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
FLOWING TEARS – Online Empire 14-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2003)
FLOWING TEARS – Online Empire 21-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
FLOWING TEARS – News vom 31.01.2008
Soundcheck: FLOWING TEARS-Album »Serpentine« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 62" auf Platz 31
Soundcheck: FLOWING TEARS-Album »Thy Kingdom Come« im "Soundcheck Heavy 117" auf Platz 7
unter dem ehemaligen Bandnamen FLOWING TEARS & WITHERED FLOWERS:
FLOWING TEARS & WITHERED FLOWERS – Swallow (Do It Yourself-Review von 2000 aus Online Empire 3)
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SAMAEL im Überblick:
SAMAEL – Ceremony Of Opposites (Rundling-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
SAMAEL – Underground Empire 7-Special (aus dem Jahr 1994)
SAMAEL – Online Empire 21-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
SAMAEL – News vom 12.03.1991
SAMAEL – News vom 25.02.2015
SAMAEL – News vom 26.04.2018
SAMAEL – News vom 24.07.2018
SAMAEL – News vom 16.06.2020
Soundcheck: SAMAEL-Album »Reign Of Light« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 78" auf Platz 12
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