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  UE-Home → History → Online Empire 2 → Interview-Übersicht → HIM (SF)-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

HIM (SF)-Logo

Achtung! Warnung vor einer Seuche namens HIM, die sich von Finnland aus un­auf­halt­sam über Europa ausbreitet - die von den Düsterrock-Ohrwürmern Infizierten sind nur durch regelmäßiges Abspielen der CD »Greatest Love­songs Vol. 666« zu beruhigen.
Okay, Scherz beiseite: Als 1995 fünf Jungs aus Helsinki die Band HIM gründeten, ahnten sie wohl nicht, daß sie schon 1998 ganz schön abräumen würden: zwei Top Ten-Singles, ein vergoldetes Debutalbum sowie nationale Awards für "beste Newcomer" und "bestes Video".

Für Ville Valo, Sänger und Mastermind der Band, ging damit der Wunsch, Musiker zu werden, in Erfüllung, den er schon als Siebenjähriger hatte.

Damals sah ich zu ersten Mal ein Kiss-Bootleg-Video und Gene Simmons, der Blut und Feuer spuckte - das war der Grund. Ich wollte eigentlich nur dieses Blut und Feuer - aber es funktionierte nicht. Ich dachte, es würde einfach passieren, ganz automatisch... Da spielte ich nun zweieinhalb Jahre Baß und dachte, Blut und Feuer würden irgendwie von selber aus meinem Mund kommen, aber es passierte nie.

Ville bringt es mit seinen 22 Jahren bereits auf 15 Jahre Erfahrung als Bassist und neun Jahre Praxis als Schlagzeuger bei ungefähr zehn verschiedenen Bands.

Da hatte ich also zehn Proben in der Woche mit zehn verschiedenen Bands. Montags von 5.00 Uhr bis 7.00 Uhr Jazz, von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr Grindcore... Irgendwann langweilte mich das ganze, und ich wollte meine Zeit in etwas ernsthaftes investieren; etwas das funktionieren, das rocken sollte...

So wurde 1995 HIM aus der Taufe gehoben, mit Mikko Paananen (b), Juhana Rantala (d), Mikko Lindström (g) und Antto Melasniemi (k), der vor kurzem durch Juska "The Dog" abgelöst wurde. Für Ville ist es das erste Mal, daß er singt und selbst Songs schreibt, was für ihn trotz seiner Erfahrung mit verschiedenen Stilen eine große Herausforderung bedeutet.
Im hohen Norden scheint es überhaupt wenig Berührungsängste unter den Szenen zu geben, denn stilistischer Crossover kennzeichnet auch andere finnische Acts, wie APOCALYPTICA, WALTARI oder KYYRIA.

In Finnland hat es nie eine richtige Underground-Szene für einen bestimmten Stil gegeben. Ich kann nirgends eine Abgrenzung erkennen, so streng, wie sie vielleicht anderswo erfolgt. Es ist sehr einfach und gut, gar keine Szenen zu haben, denn so gibt's auch keine Konkurrenz, sondern Bands unterstützen sich gegenseitig.
In Helsinki beispielsweise, wo ich lebe, gibt es im Zentrum nur ein paar Rock Bars, wo die Leute abhängen. Es gibt quasi einen zentralen Treffpunkt - alles in einem, mit kleinen Konzerthallen: in einem Raum wird Black Metal gespielt wird, im nächsten Gothic oder in einem anderen Raum gibt's eine bunte Musikmischung. Alles ist sehr eng verbunden, daher hatte ich nie das Gefühl, daß es Abgrenzungen gibt.

Ville Valo meint, daß es für Außenstehende wahrscheinlich leichter sei, den Stil seiner Band HIM zu beschreiben. Er selbst sieht es so:

Ich sehe es als Rock'n'Roll mit Pop, Gothic, Metal und allen möglichen Elementen an.... Ich bevorzuge dafür den Ausdruck "Love Metal"

Unter "Love Metal" versteht Ville eine Kombination von melodisch-melancholischem, aber dennoch hartem Rocksound sowie ein bewußtes Spiel mit Kontrasten und Klischees. Ville kreierte beispielsweise das "heartagram", ein Herz gefüllt mit drei Sechsen. Das Symbol soll nichts Bestimmtes bedeuten, nimmt aber Metal-Klischees, wie das Pentagramm oder die 666, die Zahl des Tiers, aufs Korn.

HIM [SF]-Design 1

Wir wollten definitiv provozieren! Ein weiterer Grund war, einen Titel für unser Debütalbum »Greatest Lovesongs Vol. 666« zu haben. Das ist genauso wie mit Love Metal - wegen den Kontrasten, die das Ganze etwas interessanter machen.
Und wir sprechen diesen "777/666"-Kontrast auch in den Songtexten an - die Zahlen definieren einerseits die pure, unschuldige Seite, andererseits die körperliche, dunklere Seite der Liebe - die beiden Aspekte von ein- und derselben Sache. Es gab also viele Gründe, diese Symbole zu verwenden. Außerdem ist sex-sex-sex einfach geil!

Allerdings müssen sich HIM dadurch oft dem Urteil stellen, eine satanistische Band zu sein.

Wir hatten tatsächlich einige Probleme: Das größte hatten wir letzten Sommer in Finnland, als wir bei einem großen Rock-Festival mit DIMMU BORGIR und BLACK SABBATH auftraten. Da haben irgendwelche Black Metal-Fans gedroht, eine Kirche anzuzünden, weil der Tag des Konzertes ausgerechnet der 6. Juni war, und 3 x 666 ergibt 1998, also gab es da jede Menge Ärger.
Und die Kirche gab uns - BLACK SABBATH, DIMMU BORGIR und uns - die Schuld, daß wir die Jugend beeinflussen, aber es ist nichts passiert. Nur einige religiöse Fanatiker schafften es vor der Show irgendwie, an der Security vorbei auf die Bühne zu kommen. Sie segneten die Bühne mit Gebeten oder so - wir haben uns kaputtgelacht!

Einige stoßen sich am Bandnamen, denn HIM ist die Abkürzung für "His Infernal Majesty", angeblich Villes Spitzname im Freundeskreis, da er bei Frauen nicht unbedingt den besten Ruf genießen soll.

Das ist nicht die volle Wahrheit über den Bandnamen, weil es eigentlich keine echte Story gibt! Es ist einfach ein Name; damals klang es irgendwie cool und ein bißchen nach BLACK SABBATH. Diese kleinen Geschichten mögen vielleicht früher wichtig gewesen sein, jetzt sind sie's nicht mehr - es steckt nichts Ernstes oder Wichtiges hinter unserem Bandnamen.

Um auch dem Letzten klarzumachen, daß HIM mit Satanismus nichts am Hut haben, wird das "heartagram" auf dem nächsten Album nicht mehr verwendet werden - schade...
Attackiert wurden HIM auch von Die-Hard-Fans, die behaupteten, daß kommerzieller Erfolg eine Band unglaubwürdig mache.

Solche Sachen passierten in Finnland, aber mir ist das egal, denn das sind bloß Idioten, die glauben, daß Popularität die Musik schlechter macht - lächerlich. Sollen sie doch den "originalen" Black Metal, der nach Staubsaugern klingt, bis an ihr Lebensende hören, mich interessiert das nicht. Wenn man etwas verliert, gewinnt man auf der anderen Seite auch wieder etwas dazu... und die Fans sind nicht so die-hard, wenn sie uns einfach fallen lassen.

Inzwischen hat Ville weitere Schattenseiten des Ruhms kennengelernt.

Natürlich gibt es einiges was mich stört bezüglich der Art, wie wir präsentiert werden...

Manche Medien bezeichnen HIM beispielsweise als DOORS-Verschnitt oder als eine Art Metal-Boygroup.

Die Leute interessiert es gar nicht, wie lange wir zusammen spielen, sondern eher, wie lang unsere Penisse sind. Das ist der Punkt...

Was ihn allerdings nicht so sehr auf die Palme bringt wie die Tatsache, daß sein Verkäufer-Job in einem Sexshop medial ausgeschlachtet wurde.

Diese Geschichte wurde nur in Deutschland so hochgespielt. In Finnland wurde mein Job nie in den Medien erwähnt. Mich ärgert es wirklich, daß dieses Dildo-Zeug so wichtig in den TV-Shows wurde. Das war einfach nur mein Job, eine Menge intimes Zeug an eine Menge Leute zu verkaufen. Ich verstehe nicht, was daran so verdammt interessant sein soll. Wir persönlich stehen ohnehin nicht auf solche Dinge - wir sind viel romantischer.

HIM [SF]-Design 2

http://www.heartagram.com/

Vorbereitung & Interview:
Klaudia Weber

Bearbeitung:
Klaudia Weber + Stefan Glas

HIM (SF) im Überblick:
HIM (SF) – Greatest Lovesongs Vol. 666 (Rundling-Review von 1998 aus Y-Files)
HIM (SF) – Razorblade Romance (Rundling-Review von 2000 aus Online Empire 3)
HIM (SF) – Online Empire 2-Interview (aus dem Jahr 2000)
HIM (SF) – Online Empire 26-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
HIM (SF) – News vom 26.03.2003
HIM (SF) – News vom 27.01.2015
HIM (SF) – News vom 26.07.2015
HIM (SF) – News vom 06.03.2017
siehe auch: HIM-Version der Chris Isaac-Nummer ›Wicked Game‹ in einer Episode der fünften Staffel der TV-Serie "Smallville"
siehe auch: Musik von HIM im Film "Transformers"
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