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"Hunting Across Europe Tour 2013"
mit

GRAND MAGUS
ANGEL WITCH
ENFORCER (S)
LOWBAU

Wien, Viper Room

12.02.2013

Auch wenn sich an diesem Dienstagabend nahezu überall auf dieser Welt das feierwillige Volk unter dem Deckmäntelchen des Faschingsausklangs in einen kollektiven Rauschzustand schießt, bleibt es einer - für mich überraschenderweise gar nicht so - geringen Anzahl an Zeitgenossen vorenthalten, sich an jenem Abend - zwar nicht minder in Feierlaune, aber doch deutlich anspruchsvoller - der hohen Kultur hinzugeben und dem Heavy Metal in unterschiedlichen Formen zu frönen, der als "Fanjagd" unter dem Motto "Hunting Across Europe" läuft und als solcher offenbar von allen Beteiligten gut umgesetzt werden kann.
Zugegeben, mein erster Eindruck im "Viper Room" läßt mich auch daran denken, daß es sich eventuell doch noch um eine zweite Veranstaltung handeln würde, schließlich ist es wahrlich außergewöhnlich, daß sich zu einem Package wie diesem dermaßen viele Fans einfinden (nach Angaben des Veranstalters knapp 250 Zuseher). Doch dem ist nicht so, im Gegenteil, man merkt nun auch hierzulande, daß Heavy Metal in seiner traditionellen Form wieder geschätzt wird, und von daher ist es auch wenig verwunderlich, daß sich unzählige "Jugendliche" im Saal befinden.

Über die an sich den Abend eröffnenden LOWBAU kann ich leider anreisetechnisch nichts berichten, man erzählt jedoch schon von dieser Band nur Positives, wie man auch den frohen Mienen der Bandmitglieder im Anschluß ihre Zufriedenheit ansehen kann.

ENFORCER [S]-Liveshot

Zum Zeitpunkt meines Eintreffens ist ihr Gig jedoch bereits Vergangenheit, und die "Meute" wirkt gut aufgewärmt und scharrt merklich mit den Hufen, als sich die schwedischen Durchstarter ENFORCER in Richtung Bühne begeben. Das Quartett legt dann auch mit einem Feuereifer los als gäbe es kein Morgen, einzig das Betätigen der Nebelmaschine wirkt nicht wirklich kontrolliert, weshalb nahezu die gesamte Spielzeit über dichter Rauch über Bühne und "Frontrow" liegen. Aber egal, denn diese Burschen kann momentan ohnehin nichts stoppen. Im Gegenteil, von den geradezu euphorischen Reaktionen auf die ersten Songs wirkt die Truppe sogar noch weiter angestachelt, und so schmeißt sich der Vierer noch weiter ins Zeug. Allen voran Sänger und Gitarrist Olof Wikstrand sowie sein klampfender Kompagnon Joseph Tholl, der sich im Verlauf des Sets gar in die ersten Reihen begibt, um dort auf Knien zum Solo "einzuladen", wofür er auch reichlich Szenenapplaus einheimsen kann. Solchen verdienen sich die Sverige-Boys aber im Kollektiv und zwar von Beginn an. Mit ›Death Rides The Night‹, dem Opener ihres aktuellen Drehers »Death By Fire«, erwischen sie einen Einstand nach Maß und lassen uns in weiterer Folge logischerweise noch einige weitere Exponate dieses Hammers zu Ohren kommen. Vor allem ›Take Me Out Of This Nightmare‹ erweist sich als Live-Abräumer der Sonderklasse und stellt schon wenige Tage nach dem offiziellen Veröffentlichungsdatum eine perfekte Ergänzung zu "Bandklassikern" wie ›Katana‹ oder ›Scream Of The Savage‹ dar. Dem nicht genug, lassen uns die Schweden die gesamte Spielzeit über wissen, daß sie momentan nicht nur auf Tonträger in Bestform agieren, sondern die Bühnen längst zu ihrem zweiten Zuhause geworden sind. Angeführt vom in seiner "Doppelbelastung" offenbar über sich hinauswachsenden Olof wissen ENFORCER, die entfachte Euphorie durch eine schier unbändige Spielfreude zu erwidern und lassen überhaupt keinen Zweifel daran aufkommen, weshalb ENFORCER mit zu den Bands der Stunde zählen! Thumbs up!

ANGEL WITCH-Liveshot

Auf den Nachwuchs folgt mit ANGEL WITCH eine zu Recht seit langen Jahren als Kultband verehrte Formation, in deren aktueller Besetzung sich mit Kevin Heybourne jedoch nur noch ein Urmitglied wiederfinden läßt. Doch das ist nicht weiter schlimm, denn zum einen befindet sich das Unternehmen ohnehin seit jeher unter seiner Ägide, und zum anderen hat Kevin seit geraumer Zeit mit Will Palmer (Baß), Andy Prestridge (Drums) und CARCASS/GENTLEMANS PISTOLS-Klampfer Bill Steer eine perfekt geölte "Maschine" an seiner Seite, die sich schon auf dem letzten Studioalbum »As Above, So Below« als perfekt eingespieltes Team erwiesen hat. Klar, hinsichtlich der Bewegungsradien sind diese vier Herren im Vergleich zu den Jungspunden davor deutlich eingeschränkter, doch das Charisma des Meisters allein reicht aus, um den "Viper Room" locker auszufüllen. Auch seine zu Beginn irgendwie grantig anmutende Aura erweist sich im Laufe der Spielzeit eher als "Konzentrationsübung", denn spätestens als Kevin und Bill in feinster THIN LIZZY-Manier zum "Harmonieren" die Äxte kreuzen, ist zu erkennen, daß diese Formation jede Menge Freude bei der Arbeit hat. Eine solche ist auch den nunmehr zumindest optisch kurzfristig "gealterten" ersten Reihen nachzuvollziehen, logisch, denn Klassiker wie ›Atlantis‹, ›White Witch‹ oder ›Dr. Phibes‹ bekommt man eben nun mal nicht alle Tage zu hören. Hierzulande schon gar nicht, und wenn ich mich recht entsinne, gastieren ANGEL WITCH überhaupt zum allerersten Mal in Wien. Doch nicht nur die "Veteranen" wissen, die erhabenen Klänge dieser Legende zu feiern, auch das Jungvolk scheint sich spätestens seit dem aktuellen Dreher, der mit ›Dead Sea Scrolls‹ und dem Megaohrwurm "Guillotine" in der Setlist vertreten ist, von der Szene-Ikone angezogen zu fühlen. Dadurch verwundert es kaum, daß es beim Finale, das von ›Angel Of Death‹ eingeleitet wird, mit ›Baphomet‹ eine nicht minder mächtige Fortsetzung findet und in der Bandhymne ›Angel Witch‹ kulminiert, wahre Verbrüderungsfeste unter den Fangenerationen vor der Bühne stattfinden und Wien sich in eben jenem Refrain die Seele aus dem Leib brüllt. Ganz großes Kult-Kino!

GRAND MAGUS-Liveshot

Es gibt mit Sicherheit einfachere Übungen, als bei solchen Supportbands einen souveränen Headliner zu geben, doch das Schweden-Trio GRAND MAGUS zeigt von Beginn an weder Scheu, noch eventuelle Unsicherheiten und läßt den Reigen in einer weiteren Heavy Metal-Show par excellence enden. Angeführt vom Fronthünen JB, der optisch nicht nur mit seinem mittlerweile fast schon ZZ TOP-tauglichen Bart für Akzente sorgen kann, sondern noch viel mehr durch sein verwaschenes RAINBOW-Shirt und seine Flying V, läßt der Dreier nichts anbrennen und tut genau das, wofür die bisherigen Alben der Band gelobt wurden: nämlich Rocken bis zum Umfallen!
Die Bühnenpräsenz der drei Musiker ist schon beim Opener ›Kingslayer‹ regelrecht erdrückend, doch nicht nur JB, auch Bassist Fox und der erst vor knapp einem Jahr als Neuzugang hinter das Drum-Kit gepferchte Ludwig Witt wirken überaus charismatisch und lassen jeglichen Mangel an Bewegung durch ihre bloße Anwesenheit und das schier zermalmende wie pumpende Songmaterial vergessen. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die mehr vom "echten" Metal reden als diesen auch abzuliefern, lassen diese Herrschaften nichts weiter als ihre Instrumente erklingen (die Stimme des Chefs zähle ich der Einfachheit halber hier mit!) und haben damit schon fast gewonnen. Auf die Siegesspur werden GRAND MAGUS selbstredend aber erst von ihren Songs gebracht, die an diesem Abend (und wohl auf der gesamten Tour) einen guten Querschnitt des bisherigen Schaffens darstellen und allesamt nichts anderes als Heavy Metal in Reinkultur bieten. Beispiele gefällig? Gerne: Wie wär' es mit ›I, The Jury‹, ›Ravens Guide Our Way‹, ›Silver Into Steel‹, oder ›Wolf's Return‹? Allesamt in massiver Form und soundtechnisch überraschend gelungen zu vernehmen, ebenso ›Iron Will‹ und ›Valhalla Rising‹, sowie als Finale Grande in Form der einzigen, lautstark geforderten und frenetisch bejubelten Zugabe: ›Hammer Of The North‹.
Kurz: Ein wahrlich mächtiger Abend - Metal-Herz, was willst Du mehr?


Walter Scheurer

Photos: Walter Scheurer


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