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  UE-Home → History → Online Empire 51 → Interview-Übersicht → Jeff Loomis-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

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Natürlich kennt man den langmähnigen Blondschopf in erster Linie als Gitarristen von "Seattle's Finest" NEVERMORE, doch der optisch immer noch verdammt jugendlich wirkende, mittlerweile aber auch schon zur "Ü 40"-Abteilung zählende Klampfer ist schon seit langer Zeit weit über die eigentliche Fanbase hinaus als Held an der Siebensaitigen bekannt. An Talent mangelte es ihm bekanntermaßen schon in seiner Jugend nicht, so erhielt er schon im zarten Alter von 16 ein Angebot einer damals gerade mächtig durchstartenden Truppe aus den Staaten.
Doch Jeff orientierte sich bekanntlich von seiner Heimat Wisconsin aus in Richtung des Bundesstaates Washington, um es mit SANCTUARY zu versuchen, jener Band, aus der in weiterer Folge NEVERMORE hervorgegangen sind. Mit dieser Formation erlangte der Gitarrist Weltruhm, kann auf sieben Longplayer und eine EP zurückblicken und hat weltweit Tourneen absolviert. Als Anhänger der neoklassizistischen Schule und Vorbildern wie Yngwie Malmsteen, Jason Becker und Marty Friedman wurde Loomis seit jeher für seine filigrane Technik ebenso bewundert wie auch für die immense Power, die seine Klänge intus haben und das NEVERMORE-Lebenswerk veredelten.
Nicht nur deshalb wird sich auch für sein brandneues Scheibchen »Plains Of Oblivion« eine ungemein breitgefächerte Zielgruppe finden lassen. Darauf liefert uns Jeff nicht nur - wahrlich imposante, von brachial bis emotionsgeladen reichende - Instrumentals, sondern weiß darüber hinaus auch, mit Gastvokalisten zu beeindrucken.
Was es sonst noch zu diesem Album zu wissen gibt und noch einiges mehr, verriet uns Jeff am Telefon.

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Hand aufs Herz: Würden wir überhaupt über ein weiteres Soloalbum von Jeff Loomis sprechen, wenn im Hause NEVERMORE noch immer alles blendend laufen würde?

Auf jeden Fall! Ich habe nämlich schon vor längerer Zeit einen Deal bei meinem Label für Soloalben abgeschlossen, und von daher wäre dieses Album mit Sicherheit auch neben NEVERMORE erschienen. Schon vor vier Jahren, als ich mein erstes Soloalbum »Zero Order Phase« veröffentlicht habe, gab es ja keinerlei Probleme diesbezüglich, denn wir, also das Label und auch ich, waren bestrebt, die beiden "Baustellen" getrennt zu halten. Von daher ist jetzt eben nur einfacher, an die Sache heranzugehen. Zwar würden wir uns eventuell zu einem anderen Veröffentlichungszeitpunkt über »Plains Of Oblivion« unterhalten, aber NEVERMORE und meine Soloalben wurden immer separat gesehen. Und da NEVERMORE ja bekanntermaßen aufgelöst sind, konzentriere ich mich momentan ausschließlich auf mein Solo-Unternehmen.

Das überrascht wenig - im Gegensatz zu Deinem neuen Dreher. Der nämlich klingt keineswegs nach einem Instrumentalwerk zur reinen Selbstdarstellung, sondern durch Vielschichtigkeit und gewinnt durch die Gesangsbeiträge weiter an Abwechslung und Tiefgang. War das denn so geplant?

Ehrlich gesagt nicht. Ich hatte zunächst ein reinrassiges Instrumentalalbum im Sinne, doch irgendwann kam eine Anfrage meines Labels, ob ich nicht doch mal darüber nachdenken könnte, eventuell auch den einen oder anderen Song mit Gesang abzuliefern. Zunächst war ich mir zwar nicht ganz so sicher, da ich aber ohnehin einer jener Musiker bin, die sich in allen Belangen permanent weiterentwickeln wollen, habe ich mir die Sache durch den Kopf gehen lassen und mich schlußendlich dazu entschieden, es zumindest zu versuchen. Nun ja, mit dem Ergebnis bin zumindest ich auch mehr als nur zufrieden. Mal schauen, wie das die Fans und die Presse sehen.

Mach Dir mal keine Sorgen. Die Beiträge von Christine Rhoades und Ihsahn können sich mehr als nur hören lassen. Wie bist Du denn auf diese beiden Gäste gestoßen?

Christine kenne ich schon länger, und auch die Fans werden sich wohl noch an sie erinnern, denn sie hat ja schon auf »Dreaming Neon Black« einen hervorragenden Job gemacht. Ich mag ihre Stimme wirklich sehr, und es hat mich gefreut, daß sie wieder mit mir zusammenarbeiten wollte. Insofern ein Glück, da ich mir für ›Tragedy And Harmony‹ von Beginn an auch keine andere Stimme vorstellen konnte als ihre. Die Sache mit Ihsahn ist dagegen von meinem Produzenten Aaron Smith ausgegangen. Er war der Meinung, ich bräuchte für ›Surrender‹ eine herbe Männerstimme, da diese Nummer ziemlich aggressiv ausgefallen ist. Nach einer kurzen Überlegungsphase brachte er dann den Norweger ins Gespräch und offenbar hatte der Kerl in jenem Moment nichts anderes auf dem Plan, denn schon kurze Zeit nachdem wir über unser Label mit ihm in Kontakt getreten sind und er sich eine Rohfassung der Nummer zukommen hat lassen, erhielten wir das von ihm mit wahrlich monströser Vokalleistung veredelte Ergebnis. So einfach kann's manchmal gehen. [lacht]

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Offenbar konntest Du mit dieser Nummer wie auch mit Deinem Spiel seine Geschmacksnerven treffen. Vor allem zweiteres scheint sich im Moment generell in der Branche auszubreiten, nicht zuletzt deshalb gehst Du auch mit Bands auf Tournee, die ich mir ganz und gar nicht im Vorprogramm von NEVERMORE vorstellen hätte können.

Korrekt. Von Ende März bis Ende April bin ich mit PROTEST THE HERO, PERIPHERY und THE SAFETY FIRE auf US-Tournee. Ich werde mittendrin spielen und für knapp mehr als 30 Minuten auftreten. Mir ist bewußt, daß dieses Line-up für Traditionsmetaller vielleicht nicht wirklich passend klingt, ich freue mich aber dennoch sehr darauf. Zum einen, weil ich denke, mit meinem Instrumental-Set einen guten Beitrag zum Gelingen dieser Gastspielspielreise beitragen zu können und damit auch ein neues Publikum ansprechen kann und zum anderen, weil ich mit den Jungs von PERIPHERY schon länger in Kontakt stehe, genauer gesagt seit ich von ihnen als Gast für die Aufnahmen ihres Debutalbum eingeladen wurde. Ich kann mir zwar vorstellen, daß stressige Wochen auf uns alle zukommen, da wir quer durch die Staaten tingeln werden, aber so ist das Tourleben nun mal. [lacht] Ich bin auch schon gespannt, wie sich das Publikum auf mich einstellen wird können.

Bestehen denn auch Chancen, Dich samt Gefolge auf europäischen Bühnen zu Gesicht zu bekommen?

Durchaus. Noch ist zwar nichts bestätigt, allerdings hatte ich einige wirklich gute und konstruktive Gespräche mit meinem Label diesbezüglich, und so wie es aussieht kann es gut sein, daß ich sogar noch heuer bei Euch gastieren kann.

Feine Sache, doch zunächst nochmal zurück zum Album. Damit machst Du mit Sicherheit mächtig Eindruck auf andere Musiker, läßt den Zuhörer aber ebenso wissen, wer denn die Deinigen Idole sind.

Ich hab' noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, wer mein Spiel beeinflußt hat und wen ich von der sogenannten "Konkurrenz" zu schätzen weiß. Von daher betrachte ich es als Ehre, daß ich auf »Plains Of Oblivion« mit Tony MacAlpine ebenso zusammenarbeiten durfte wie auch mit Marty Friedman und Chris Poland. Auch Attila Vörös, mein letzter NEVERMORE-Mitstreiter an der Gitarre, ist mit dabeigewesen, und es hat einmal mehr sehr viel Spaß bereitet, mit diesem Burschen zusammenzuarbeiten.

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Bei den Namen Friedman und Poland wollte ich nochmal einhaken. Es scheint, als ob Dich MEGADETH schon länger "verfolgen".

[Lacht] Ich weiß schon, was Du meinst. Dave Mustaine wollte mich schon in ganz jungen Jahren verpflichten, aber ich war ehrlich gesagt noch nicht wirklich reif für diesen Schritt. Allerdings muß ich sehr wohl festhalten, daß mir sein Spiel ebenso imponiert und es wohl auch nicht von ungefähr kommt, daß sich Dave immer wieder überaus talentierte Gitarristen angelt. Kein Wunder also, daß sowohl Marty als auch Chris bei ihm mit von der Partie gewesen sind.

Geschmack und auch den Blick für Talente hat er auf jeden Fall der Herr Mustaine, ebenso auch eine gewisse "NEVERMORE-Connection", schließlich hat ja auch sein aktueller Sidekick an der Gitarre Chris Broderick eine Zeitlang an der Seite von Jeff in die Saiten gelangt, aber das nur so nebenbei.
Im Fokus steht auf »Plains Of Oblivion« selbstredend Jeff Loomis, der sich auf diesem Album nicht nur als exzellenter Saitenhexer vor dem Herrn erweist, sondern darüber hinaus auch als großartiger Komponist, der sich jedoch keineswegs festlegt, in welche Richtung es für ihn in Zukunft gehen wird.

Ehrlich gesagt habe ich mir noch keinerlei Gedanken darüber gemacht, wie ich reagieren würde, wenn eine Band anfragen würde, ob ich denn Interesse hätte. Ich will diesbezüglich weder kategorisch etwas ausschließen, noch verspüre ich das dringende Bedürfnis mich unbedingt und sofort wieder einzubringen. Mit meiner momentanen Situation bin nämlich sehr zufrieden, kann mich persönlich gut entfalten und habe keinerlei Grund zur Klage. Aber wer weiß schon, was da noch so kommt?

Klingt nachvollziehbar und läßt mich zum Abschluß an eine Textzeile seiner früheren Band denken, die da lautet: "No One Sees What Tomorrow Knows".
Bleibt mir zum Abschluß nur noch der Hinweis, daß uns mit »Plains Of Oblivion« keinesfalls ein Frickelfest erwartet, das ausschließlich in Musikerkreisen Freunde finden wird, denn Jeff hat vom Classic Rock bis hin zu romantisch anmutenden Klängen in balladesker Ausführung ein reichhaltiges Spektrum auf diesem Teil anzubieten. Edelste Klänge also, auf die man sich freuen darf!

http://www.jeffloomis.com/

jloomis-site@jeffloomis.com

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

Photos: Daniel Zetterstrom

Jeff Loomis im Überblick:
Jeff Loomis – Zero Order Phase (Rundling-Review von 2008 aus Online Empire 37)
Jeff Loomis – Online Empire 51-Interview (aus dem Jahr 2012)
Jeff Loomis – News vom 27.03.2008
Jeff Loomis – News vom 05.02.2012
Soundcheck: Jeff Loomis-Album »Plains Of Oblivion« im "Soundcheck Heavy 140" auf Platz 27
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