Y-Files-Datasheet |
Contents: SIEGES EVEN-''Living Underground''-Artikel |
Date: 26.08.1992 (created), 30.09.2011 (revisited), 22.01.2022 (updated) |
Origin: METAL HAMMER |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue possibly still available, check here! |
Comment: Für den Begriff "epileptoide" hatte ich mir von der "völlig verwirrten Redaktion" einen Klammerkommantar verdient. :-) Na ja, hiermit sei noch die Erklärung nachgeschoben: Es handelt sich um eine Konstruktion aus "Epilepsie" und dem Suffix "-oid", das bei medizinischen Begriffen Verwendung findet, und könnte als "krampfanfallartig" übersetzt werden. Alles klar? Dummerweise hatte ich an diesem Abend keine Kamera dabei, so daß wir an dieser Stelle - ebenso wie in der entsprechenden METAL HAMMER-Ausgabe (wobei hier allerdings gesagt sei, daß Livereviews ohne Photos damals im METAL HAMMER keine Seltenheit waren) auf photographische Beweise verzichten müssen, aber das gute Stück hätte angesichts meiner Zuckungen während dieser Show den Abend wohl ohnehin nicht überlebt... Nach der Show konnte ich mich noch ausgiebig mit den SIEGES EVEN-Jungs unterhalten, die ich dank der Interviews fürs UNDERGROUND EMPIRE aber auch für den METAL HAMMER zwischenzeitlich sehr gut kannte. Der Talk mündete dann in Überlegungen der Mannen, ob sie denn nun zu einem Studienkumpel nach Dortmund oder zu einem anderen Kommilitonen in Nürnberg fahren solle, da beide an diesem Abend eine Party schmissen. Ganz egal, wohin es die Progger letzten Endes dann gezogen hat, angesichts der Uhrzeit, zu der unser Gespräch stattfand, sollten sie bestenfalls kurz vor dem ersten Hahnenschrei bei einer der besagten Partys aufgeschlagen sein. |
Supervisor: Stefan Glas |
SIEGES EVEN
Wiesbaden, Rough
30.07.1992
Alle Schaltjahre wieder kommt es vor, daß eine Münchner Band namens SIEGES EVEN die Musikwelt mit einem Gig beehrt, so schreiben es zumindest die Analen der Metalgeschichte. Am vorletzten Tag des Juli des Jahres 1992 A.D. sollte erneut ein solcher auserwählter Tag sein, an dem die vielleicht interessanteste deutsche Band aus dem Dunkel ihres Kellers hervorkam, um zu zeigen, daß sie ihr Handwerk auch ohne Netz und doppelten Boden beherrscht. Ab sofort werdet Ihr am Eingang zum "Rough"-Rock-Club in Wiesbaden eine Tafel mit der Inschrift "Hier residierte seine Majestät SIEGES EVEN am 30.07.1992" finden.
So stand man also in jenen heiligen Hallen voller freudiger Erwartung, als das Intro von »A Sense Of Change« vom Band sofort alle Aufmerksamkeit in Richtung Bühne fesselte. Ein flüchtiger Moment, und die ersten Gitarrenriffs erschallen, der Baß kommt dahergeflogen, die Drums wirbeln hinzu und schaffen gemeinsam dieses einzigartige Feeling, dem nichts so sehr ähnelt wie eine Fahrt auf einer Achterbahn im stop-and-go-Betrieb. Doch dann ergreift Jogi das Mikro, beschwört mit seiner Stimme das epileptoide Spiel, gibt dem scheinbar verworrenen Treiben eine klare Linie, glättet die Wellen, ohne jedoch verhindern zu können, daß sie mit Urgewalt an den Klippen zerschellen. Er ist der Leuchtturm inmitten des Sturmes, jeder Zuhörer hat das Vergnügen, von den Böen durchgeschüttelt zu werden, sich die Gicht ins Gesicht sprühen zu lassen und dank des leitenden Lichts trotzdem nie die Richtung zu verlieren. Die perfekte Kombination: die exzessive Kraft der Musik in effiziente Bahnen gelenkt. Die Menge zuckt, windet sich in extatischer Begeisterung, geht aus sich heraus. Diesen Zustand steigert die Band mit den Stücken von »A Sense Of Change« bis zum Wahnsinn, um zwischendurch mit der Instrumentalversion von ›Tangerine Windows Of Solace‹ knapp eine halbe Stunde lang zu allem, was man aus drei Instrumenten rausholen kann, die Anwesenden schweben zu lassen. Am nächsten Morgen ist der Endorphinspiegel wieder auf dem Normalwert, das Zittern hat aufgehört. Das Konzert war perfekt - auf keinen Fall weniger, vielleicht ein klein wenig mehr!