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”UNDERGROUND EMPIRE 2”-Datasheet

Contents:  HEAVENS GATE-Interview

Date:  1989/'90 (created), 06.09.2009 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 2

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here!

Comment:

Höhöhö, die grandioseste Aussage in diesem Interview bezieht sich zweifelsohne auf die damaligen HEAVENS GATE-Labelkollegen BLIND GUARDIAN, von denen Thorsten behauptet, daß sie kaum Studiozeit benötigen würden - ja, exakt jene Band, die später Monate, nein Jahre im Studio verbracht hat, um eine Platte fertigzustellen.

Anyway - zurück zu HEAVENS GATE: Die Band legte zwar weitere tolle Alben vor, spielte exzellente Liveshows, die vor allem aufgrund der Entertainerqualitäten von Frontmann und Obermegasuperduperlaberbacke Thomas Rettke (Mister Weiß von AXXIS ist 'n Schulknabe dagegen!) immer extrem unterhaltsam waren, doch mit dem großen Durchbruch sollte es leider nix werden. Das lag sicherlich auch daran, daß man sich zum Ende der Karriere hin vom reinen Hochleistungsstahl entfernte und eher etwas modernere Einflüsse zuließ. Heute ist lediglich noch Gitarrist Sascha Paeth - natürlich vornehmlich als Produzent - aktiv, und Sänger Thomas unternahm vor etwa drei Jahren mit REDKEY einen neuen Anlauf, bei dem auch Sascha involviert war, der jedoch nicht so recht in Schwung kommen sollte. Dennoch haben uns HEAVENS GATE einige der besten reinrassigen Metalsongs aus deutscher Fabrikation hinterlassen!

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Logo

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Headline

Sie schossen mit ihrem Debut »In Control« wie eine Rakete an den deutschen Metalhimmel. Aus Überresten der deutschen Combo STEELTOWER formierte sich HEAVENS GATE und konnte gleich mit seinem Erstling aller Aufmerksamkeit auf sich lenken. Inzwischen hat sich der aufgewirbelte Staub wieder etwas gelegt, und so mußten HEAVENS GATE durch etwas Neues präsent sein. Was würde sich da eher anbieten als eine Tournee? Auf selbiger legte man auch einen Stop in Hohenecken ein, und ich ließ mir die Chance natürlich nicht entgehen, das Himmelstor etwas aus den Angeln zu heben. Petrus schickte zwei seiner irdischen Inkarnationen aus, um zu uns armen Geschöpfen zu sprechen. Um sein Inkognito zu wahren, nannte er den einen Bonny, seines Zeichens erster Himmels-Harfist, und den anderen Thorsten, der die Position des göttlichen Holzblocktrommel- und Triangelspielers innehat.

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Photo 1

Warum seht Ihr auf dem LP-Cover so schön aus und seid in Realität so häßlich?

[erst Totenstille, dann tierisches Gelächter] Bonny: Das sind gar nicht wir. Wir haben Zwillingsbrüder, die viel schöner sind als wir. Wir haben sie dann noch ordentlich geschminkt und sie aufs Cover gebracht.

Einige von Euch haben schon bei STEELTOWER mitgespielt. Was ist passiert zwischen dem Untergang von STEELTOWER und der Geburt von HEAVENS GATE?

Thorsten: Nach der LP von STEELTOWER ist alles ziemlich im Sande verlaufen. Die Platte erschien auf EARTHSHAKER, einem Minilabel von MAUSOLEUM, und der Besitzer Axel Thubeauville hat uns ziemlich abgelinkt. Irgendwann ging das Label dann auch pleite und wir haben seither keine Abrechnung beziehungsweise Verkaufszahlen gesehen. Außer Schulden hatten wir nichts mehr und mußten dann praktisch nochmals von vorne anfangen. Ein ehemaliges Mitglied fing an zu saufen, und ein anderes wollte sich mehr um seine Familie kümmern. Wir waren dann zu dritt, haben Bonny dazugeholt und haben angefangen, Demos zu machen. Die haben wir verschickt, aber es lief nicht besonders. Zum Schluß haben wir dann ein amtliches Demo aufgenommen und fuhren selbst zu Plattenfirmen und wurden wieder abgewiesen. Da wir den Frank Bornemann vom "Horus"-Studio gut kannten, fuhren wir zu ihm, um vorzuspielen, obwohl wir nur Schulden hatten, aber wir sagten uns, daß er uns allerhöchstens rausschmeißen könne. Wir haben ihm wohl zugesagt, denn etwa drei Wochen später haben wir die Verlagsverträge unterschrieben.

Man hatte ja Ewigkeiten nix von Euch gehört und plötzlich gab es wie einen Donnerschlag und man hörte nur noch den Namen HEAVENS GATE! Wer war an diesem Wirbel beteiligt?

Bonny: Na ja, so schnell ging das auch nicht. Es dauerte immerhin ein Jahr nach der Unterzeichnung der Verlagsverträge bis wir ins Studio gingen. Wir wollten nicht zu voreilig sein und warteten bis alles amtlich war.

Thorsten: Wir hatten eine Party im Studio, zu der alle großen Magazine kamen und die zogen sich die Sachen rein, fanden's geil und haben entsprechend reagiert. Daß es dann am Anfang so tierisch laufen würde, hatten wir selbst nicht erwartet.

Wenn es so rege abging, dann frage ich mich, ob da nicht auch eine größere Plattenfirma als NO REMORSE RECORDS dringewesen wäre!

Thorsten: Wir nahmen zusammen mit Frank Bornemann ein weiteres Demo auf, mit dem wir an die Plattenfirmen herantraten. Irgendwie haben alle Industriefirmen dann den Rückzieher gemacht und lediglich Charly Rinne von NO REMORSE ist sofort auf unsere Bedingungen eingegangen.

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Photo 2

Seid Ihr eigentlich glücklich mit dieser rasanten Entwicklung oder ist es Euch schon fast zu schnell gegangen?

Thorsten: Wir sind soweit ganz zufrieden. Wir haben aber als Bedingung gestellt, daß wir nach der Tour Ruhe haben, um uns auf die neue LP zu konzentrieren. Wir stecken voller Ideen und die wollen wir auswerten, denn Kreativität kann man nicht direkt abrufen, sondern man braucht Zeit.

Bonny: Wir haben zwar echt eingeschlagen wie verrückt, aber dannach ging es doch in recht kleinen Schritten weiter, denn die Plattenfirma hat nicht genug Kohle, um uns noch mehr zu pushen. Wenn das eine große Plattenfirma macht, dann geht es echt ultraschnell, schau Dir zum Beispiel nur mal AXXIS an.

Durch all den Wirbel, der im Vorfeld um Euch veranstaltet wurde, waren die Erwartungen enorm hochgeschraubt und vor allem für die zweite LP lastet ein ungeheuerer Erfolgsdruck auf Euch.

Bonny: Das ist richtig, aber damit haben wir keine Probleme, denn wir sind uns sicher, daß wir mit der zweiten LP noch einen drauflegen. Wir werden nach der Tour konzentriert auf die nächste LP zuarbeiten.

Ihr habt etwas getan, das im Moment sehr beliebt ist: Ihr habt eine Coverversion aufgenommen. Warum habt Ihr das getan, denn ich vermute, daß Ihr genug eigenes Material hattet.

Thorsten: Im Gegenteil! Wir brauchten einen Bonustrack für die CD, und da wir schon immer mal ›This Flight Tonight‹ covern wollten, gingen wir in die Stadt und besorgten eine CD von NAZARETH. Am Abend haben wir das Stück durcharrangiert und am nächsten Tag aufgenommen. Weil das Lied sehr spontan eingespielt wurde, gefiel es uns so gut, daß wir es für die LP nahmen und stattdessen ein anderes Lied auch die CD packten.

Wie verlief eigentlich die Tour bislang?

Bonny: Na, ich würde sagen - mittelprächtig. Wir sind froh, wenn 200 Leute pro Abend kommen. Man muß sich echt hochkämpfen und langsam die Leute für sich gewinnen. Auf jeden Fall bringt es uns wichtige Erfahrungen und tierische Routine.

Thorsten: Manchmal können auch 200 Leute mehr Power machen als 800. Außerdem macht es einfach tierisch Spaß.

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Photo 3

Meiner Meinung nach eine recht überraschende Antwort, denn bislang habe ich von anderen Bands auf diese Frage fast nur euphorische Reaktionen erhalten, obwohl man nach der Tour desöfteren lesen mußte, daß diese eigentlich gar nicht berechtigt waren.

Bonny: Warum sollten wir nicht sagen, wie es ist? Schau, Osnabrück war scheiße von den Zuschauerzahlen her. Da waren gerade mal 50 Fans da, aber die Stimmung war trotzdem gut. So ist es eben, und wir können halt nichts daran ändern.

Was denkt Ihr eigentlich über NO REMORSE RECORDS?

Thorsten: Die Medienpower, die Charly uns am Anfang gegeben hat, war echt gut, aber jetzt sieht man, daß es etwas abflaut. Das liegt nicht nur am Geld, sondern auch am Einsatz. Er hat wieder andere Gruppen unter Vertrag genommen, und er muß aufpassen, daß er sich nicht übernimmt und dabei, ohne es zu merken, andere Bands vernachlässigt.

Bonny: Man kann ganz klar sagen, daß wir nicht hundertprozentig zufrieden sind, aber da muß man sich zusammensetzen und drüber reden.

Gut, dann einfach die Frage, welche Verbesserungsvorschläge Ihr machen würdet!

Bonny: Das Problem ist, daß das ganze Business so Kohle-abhängig ist.

Thorsten: Es kommen jetzt die nächsten Produktionskosten auf uns zu und die sind nicht gering. NO REMORSE hat da Speed-Bands wie BLIND GUARDIAN, die nicht lange im Studio brauchen, sich aber zur Zeit gut verkaufen. Bei einem Act wie uns muß man eben erst vielmehr Geld reinstecken, bis es da abgeht - vor allem auch international gesehen.

Ich habe gesehen, daß Ihr ein neues Logo habt. Das auf der Platte war ja nicht gerade die Wucht, genauso, wie das Cover insgesamt!

Thorsten: Wir sind auch absolut nicht zufrieden damit. Es sollte eigentlich ganz anders aussehen. Wir haben den Künstler aber erst während der Plattenaufnahmen kennengelernt, und er hat uns irgendwie nicht richtig verstanden. Wir hatten genaue Vorstellungen für eine Photomontage. Es wäre aber zu kompliziert, das jetzt genau zu erklären. Auf jeden Fall hat der Künstler eine Fotomontage zusammengebastelt, die man hätte im Playboy abdrucken können, als Plattencover aber unbrauchbar war. Er hat uns dann in letzter Minute etwas hingezaubert, das wir nehmen mußten, weil der Veröffentlichungstermin anstand.

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Photo 4

Was denkt Ihr über die momentane Entwicklung im Ostblock?

Bonny: Also ich find's in Ordnung, wenn die Leute hier rüberkommen. Wenn wir von drüben kämen, würden wir uns auch den Arsch abfreuen (wie geht das? - Red.), wenn wir eine solche zweite Chance bekämen. Man weiß natürlich nicht, wie es weitergehen wird. Manchmal habe ich ganz schön Muffe, weil es so auf einen Schlag geht. Die Regierung da drüben muß jetzt echt reagieren und viel offener werden, sonst geht's da tierisch zur Sache. Wenn man genau hinschaut, sind die ganzen Ostblockstaaten nach und nach ein bißchen offener geworden. Nur die DDR hat immer auf ihrem Standpunkt beharrt. Da ist es kein Wunder, daß die Leute da irgendwann echt mal 'n Fön kriegen.

Thorsten: Wie es weitergeht, kann man nicht sagen, aber ich hoffe jedenfalls, daß eines Tages diese scheiß Mauer fällt!

Bonny: Ich glaube es nicht, daß es eines Tages wieder ein einheitliches Deutschland gibt.

Ich glaube, entscheidend ist nicht, daß es wieder ein einheitliches Deutschland gibt, sondern, daß die Leute aus der DDR mehr oder minder die gleichen Rechte, wie beispielsweise Freizügigkeit und so weiter haben, wie wir. Dann wäre es doch echt bedeutungslos, ob es zwei Staaten sind oder einer.

Bonny: Ja richtig, das stimmt. Wenn die Leute mehr Freiheit hätten, würden sie auch in der DDR bleiben. Es ist echt nicht leicht für die Leute, die hier rüberkommen. Sie verlassen ihre Heimat und Freunde und stehen ohne
irgendetwas hier.

Wenn man sich die Flüchtlinge anschaut, dann sieht man, daß 70 Prozent davon junge Leute waren. Dadurch ergibt sich ein riesiges Problem für die DDR, weil ihnen die Zukunft davonläuft.

Bonny: Ja, da sehe ich auch ein Problem, weil das alles vollausgebildete Leute sind, auf die ein Staat baut. Da werden die schwer dran zu knabbern haben.

Und wir können ja irgendwo auch nicht dran interessiert sein, daß die DDR ausblutet und zugrundegeht.

Bonny: Es ist echt nicht leicht - eine heikle Situation. Es ist ganz schön herbe, weil es so tierisch geflasht hat.

Das Interview ging nun mehr und mehr in ein Gespräch über, das zwar sehr interessant war und in dem viele wichtige Themen angeschnitten wurden, aber unmöglich hier textlich umzusetzen ist, da es stark auf eine Diskussion hinauslief. Wollen wir hiermit das Himmelstor schließen, und auf die nächste GATE-LP warten, die im Februar eingespielt werden wird und von der wir wohl einiges erwarten können.

Vorbereitung & Interview:
Holger Schroth + Stefan Glas

Bearbeitung:
Stefan Glas

Photos: Stefan Glas [Photo 2-3]

HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) im Überblick:
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – Boxed (Re-Release-Review von 2000 aus Online Empire 4)
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – Live For Sale! (Rundling-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – More Hysteria (Rundling-Review von 1992 aus Underground Empire 6)
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – Underground Empire 2-Interview (aus dem Jahr 1990)
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – Underground Empire 7-Special (aus dem Jahr 1994)
HEAVENS GATE (D, Wolfsburg) – Metal Hammer 07/93-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 1993)
Playlist: HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Album »Hell For Sale« in "Cavelist Metal Hammer 12/92" auf Platz 5 von Stefan Glas
Playlist: HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Album »In Control« in "Playlist Heavy, oder was!? 54" auf Platz 5 von Stefan Glas
Playlist: HEAVENS GATE (D, Wolfsburg)-Album »In Control « in "Playlist Metal Hammer 11-12/90" auf Platz 4 von Stefan Glas
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