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Vor wenigen Wochen flatterte mir »Destruction Time Again!«, der zweite Silberling einer Formation namens LOCH VOSTOK, ins Haus. Zunächst ein wenig irritiert vom sehr ungewöhnlichen Bandnamen und dem ebenso eigenwillig gestalteten Cover, sollte besagtes Album im Laufe der nächsten Tage zu einem Dauergast im heimischen CD-Player werden. Nicht nur, daß die Songs im Sinne des Bandnamens erst richtig "erforscht" werden müssen; man erkennt den Tiefgang und die dennoch vorhandene Unterhaltsamkeit nicht ohne intensive Beschäftigung. Da diese Truppe bislang generell noch darauf wartet, so richtig entdeckt und erkundet zu werden, mußte Gründer, Mastermind, Sänger und Gitarrist Teddy Möller Rede und Antwort stehen, um uns seine Band näher zu bringen.

Was um alles auf dieser Welt inspiriert einen Musiker dazu, seine Band nach einem subglazialen See in der Antarktis zu nennen?

Da ich schon immer Interesse an wissenschaftlichen Erkenntnissen und an Naturwissenschaften im speziellen hatte, ist mir ein Artikel über eine Forschungsstation am Lake Vostok untergekommen. Forscher versuchten, aus dem unter einer kilometerdicken Eisschicht befindlichen Wasser in jenem See eventuelle Rückschlüsse auf vorhandenes Leben in dieser isolierten Atmosphäre erhalten zu können. Diese Vorstellung hat mich begeistert, denn vielleicht liegt in einer derartigen Atmosphäre ja der Schlüssel zu allem Leben auf der Erde. Außerdem wurde versucht, aus den untersten Eisschichten neue Erkenntnisse über das Klima und die Luftverschmutzung zu machen, was mich ebenfalls sehr interessiert hat. Ein paar durchgeknallte Wissenschafter vermuteten gar, daß außerirdische Lebensformen darin begraben sein könnten und stellten ein paar recht obskure Theorien auf. Ich habe mir dann vorgestellt, wie es wohl sein müßte, wenn E.T. aus diesem See aufkreuzen würde und auf dem Rücken eines anderen "Tieres", wie zum Beispiel dem Ungeheuer von Loch Ness, über das Wasser flitzen würde. Im Endeffekt habe ich dann die schottische Version für "Lake", also "Loch", als passender für einen Bandnamen empfunden und LOCH VOSTOK war entstanden.

In diesen Tagen warst du wohl noch bei MAYADOME am Werken. Weshalb wurde diese Band eigentlich aufgelöst?

Daran war in erster Linie ich schuld. Mir ging die zunehmende Annäherung der Band an den ProgRock gegen den Strich. Der Metal-Anteil sollte immer weiter in den Hintergrund treten und stattdessen eroberten PINK FLOYD-lastige Einflüsse die Musik. Nichts gegen solche Klänge, aber mir persönlich war immerzu nach heftigeren Klängen. Ich mit Musik von VENOM und SLAYER aufgewachsen und war immer ein Riesenfan dieser Bands. Bei MAYADOME fand ich mich schlußendlich als Musiker wieder, der versuchen mußte, 19-minütige Songs so zu gestalten, daß diese nicht langweilig wirken. Davon frustriert, beschloß ich MAYADOME aufzulösen. Im Endeffekt war das die beste Entscheidung, denn dadurch fand ich meine Kreativität und Motivation sehr schnell wieder.

Mit LOCH VOSTOK begann konntest Du abermals recht rasch wieder Fuß fassen, allerdings gab es in den ersten Jahren auch in dieser Band einige Line-up-Wechsel. Ist dadurch die Musik in irgendeiner Form beeinträchtigt worden?

Zunächst müßt Ihr wissen, daß kein Mitglied dieser Band jemals entlassen oder rausgeschmissen worden ist. Es gab lediglich immer wieder Gründe für Musiker, der Band den Rücken zuzuwenden. Unser Ex-Bassist Erik Grandin wanderte in die Staaten aus, Sebastian "Zeb" Okupski, unser ehemaliger Keyboarder, hatte generell die Schnauze vom Musikbusiness voll und Andreas Lindahl, der Nachfolger von Zeb an den Tasten, konnte nicht mit uns proben, weil er dadurch immense Anreisekosten gehabt hätte. Was soll's, LOCH VOSTOK bestehen dennoch und solange ich Spaß daran habe, wird diese Band auch weiterhin aktiv sein. In Niklas Kupper (g), Fredrik Klingwall (k), Alvaro Swanerö (d) und Tym Jonsson (b) habe ich nun eine sehr schlagkräftige Rasselband um mich, mit der ich hoffentlich noch lange zusammenarbeiten kann.

Der Spaß scheint Dir und Deinen Kollegen auch während der Aufnahmen von »Destruction Time Again!« in den Knochen gesteckt zu haben, denn im Vergleich zu Eurem Debut »Dark Logic« bemerkt man eindeutig, daß stilistisches Freischwimmen an der Tagesordnung gewesen sein muß. Gab es eine Vorgabe, mit der Ihr die Songs für Euer aktuelles Album komponiert habt?

Nein, überhaupt nicht. Ich komponiere je nach Gefühlszustand und je nach dem, was mir gerade einfällt. Auch wenn das eigenartig klingen mag, aber meine fast schon obskuren musikalischen Einflüsse sind wohl ausschlaggebend dafür. Ich mag WINGER genau so wie DARK FUNERAL, kann mit TOTO ebenso etwas anfangen wie mit CARPATHIAN FOREST und höre HELLOWEEN genauso gerne wie CELTIC FROST. Ich bin also auch in erster Linie ein Musikliebhaber, wobei ich noch dazu nahezu jeder Art von Musik etwas abgewinnen kann. Ich unterscheide nur gute und schlechte Songs, wobei gute Nummern meiner Meinung nach von derart unterschiedlich musizierenden Künstlern in die Welt gesetzt worden sind, daß man nahezu den Überblick verliert. Auch wenn manche meiner persönlichen Favoriten ganz und gar nicht bei LOCH VOSTOK herauszuhören sind, muß ich dennoch mein Faible für Kylie Minouge, RAMMSTEIN, KING DIAMOND, DEICIDE, D.A.D., FEAR FACTORY, Ozzy und Björk als Inspiration für meine eigene Musik anführen. Diese Liste müßte ich aber noch stundenlang fortsetzen, um alle meine Favoriten zu erwähnen. Alvaro, Niklas und ich starteten mit der Intention, möglichst unterschiedlich zu jenen Bands zu klingen, die wir zuvor am Start hatten. Alvaro ist ein Jazz-beeinflußter Drummer, konnte sich aber auch noch nie so richtig entfalten, weshalb er bei LOCH VOSTOK an der richtigen Adresse ist. Niklas hat in einer melodiösen Punkrock-Combo gespielt und sehr viel BAD RELIGION gehört, aber dann den Thrash Metal im THE HAUNTED-Stil für sich entdeckt, bevor er zu gestoßen ist. Er durfte sein Talent offenbar zuvor noch nicht richtig zur Schau stellen, aber Niklas ist ein sehr talentierter Gitarrist: Stellt Euch einen musikalischen Bastard aus Yngwie Malmsteen und Kerry King vor, so in etwa klingt Niklas, wenn man ihn läßt. Mit Tym ist es sehr einfach zusammenzuspielen, denn für ihn zählt bloß Tempo. Nur aus Frederik bin ich noch nicht ganz schlau geworden, was er abgesehen vom Trinken noch mit LOCH VOSTOK erreichen möchte. [lacht]

Ihr scheint ein recht aufgeweckter und unterhaltsamer Haufen zu sein. Bist Du denn mit dieser Entwicklung zufrieden?

Oh ja, denn abgesehen davon sind wir in der Zwischenzeit auch eine richtig gute Live-Band geworden. Vor allem die Tournee mit KING DIAMOND war sehr wichtig für uns. Seit damals weiß ich viel besser, mit meiner Stimme umzugehen, da ich viel vom King lernen konnte. Zudem haben wir "gelernt", bessere Trinker zu werden; auch das hat diese Tournee gezeigt. Früher konnte ich vor der Show lediglich zwei Bierchen zischen, jetzt schaffe ich schon fünf, dazu noch zwei Gin Tonic und zwei Vodka. [lacht]

Schon verstanden. Die musikalische Entwicklung seit den MAYADOME-Tagen hat aber wohl auch damit zu, oder?

Als wir mit MAYADOME begannen, war es unser Ziel, Musik in der Art unserer Vorbilder FATES WARNING, MEKONG DELTA oder DREAM THEATER zu machen. Aber schon ab den Aufnahmen zum zweiten Album war klar, daß diese Band immer sanfter zu Werke gehen würde. Wir hatten mit Bassel Elharbiti einen phantastischen Sänger in der Band und waren auch schon ganz gute Songschreiber. Allerdings war ich mit diesen eher sanften ProgRock-Klängen nicht mehr wirklich glücklich. Deshalb ist auch das dritte MAYADOME-Album gar nicht mehr veröffentlicht worden. Auf dem ersten LOCH VOSTOK-Werk habe ich dann einige Ideen dafür verbraten, vor allem jene, die bei MAYADOME als zu extrem oder zu heftig abgelehnt wurden. Für »Destruction Time Again!« haben wir dagegen nur brandneue Songs eingespielt, es gibt keine "Leichen" auf diesem Album zu finden. Ich denke, daß es uns auch gelungen, ist unterhaltsamer zu klingen, da der Spaßfaktor noch nie so hoch war wie jetzt.

Allerdings wirkt die Musik nicht immer "nur" unterhaltsam, sondern durchaus auch tiefgründig. Besteht auf »Destruction Time Again!« eigentlich irgendetwas wie ein konzeptioneller Hintergrund?

Nein, ein Konzept existiert nicht wirklich. Wer sich eine Geschichte aus den Songs zusammenreimen will oder ein Konzept hineininterpretieren möchte, kann dies aber gerne tun. [lacht] Ich bin froh, mit Fredrik einen weiteren Textschreiber in den Reihen zu haben. Denn ein gemeinsames Schreiben ist wesentlich spannender, als alles in Eigenregie unternehmen zu müssen.

LOCH VOSTOK-Bandphoto 2

Woher bezieht das Duo denn die Inspirationen für die Texte?

Die Dummheit der Menschen ist ein unerschöpfliches Thema. [lacht] Egal ob Politik, Religion oder Kriege, derlei Themen werfen sehr viele Inspirationen ab.

Auch sehr inspiriert wirkt das Cover. Auch wenn sehr viele Kritiker nicht mit der Ausführung einverstanden sind, so muß man dem Künstler dennoch zu Gute halten, den Titel gut umgesetzt zu haben.

Danke. Dieser "Künstler" war ich. [lacht] Ich habe bewußt versucht, etwas völlig anderes zu machen als ein typisches Metal-Cover. Dadurch hatte ich zwar einige Kritik einstecken müssen, bin aber weit entfernt von diesen überladenen Motiven voller Details, die aufgrund der Größe ohnehin keiner erkennen kann und die dann noch dazu kaum noch zu unterscheiden sind.

Euren "Spaßfaktor" stelle ich mir vor allem bei etwaigen Auftritten sehr unterhaltsam vor. Gibt es diesbezüglich schon etwas zu vermelden?

Eine LOCH VOSTOK-Show soll unterhalten, wir hoffen mit einer Mischung aus Metal-Show und Stand Up-Comedy zu unterhalten und ich denke, daß es genau das ist es, was wir beherrschen. Bei uns gibt es kaum geregelte Abläufe auf der Bühne, vieles entsteht sehr spontan. Klar haben wir eine Set-List, aber wir versuchen erst gar nicht, möglichst viele Songs in die Spielzeit einzubauen, sondern entscheiden eher situationsbedingt, ob wir einen Song mehr oder weniger spielen. Unsere Tour mit KING DIAMOND war bisher sicher der Höhepunkt unserer Karriere. Da hat einfach alles gepaßt. Es war nur sehr schade, daß wir lediglich einige Gigs dabei sein durften.

Vielleicht gelingt es ja entweder ESCAPI oder INTROMENTAL, Euch demnächst wieder auf einer Tour unterzubringen. Diese beiden Firmen werden sich wohl für Euch ins Zeug legen.

Da ich es bei MAYADOME leid war, mich um sämtliche Businessangelegenheiten kümmern zu müssen, war ich froh, daß Claus von INTROMENTAL mich eines Tages kontaktiert hatte, um mir einen Management-Deal anzubieten. Da er ein eingeschworener MAYADOME-Fan war, gestaltete sich die Zusammenarbeit von Anfang an sehr einfach. INTROMENTAL kümmern sich nun bereits seit gut sieben Jahren um mich und meine Bands. Neben ihrer phantastischen Arbeit habe ich die Jungs mittlerweile so weit in mein Herz geschlossen, daß ich sie zu meinen Freunden zähle. Ich kenne niemand in diesem Business, der eine ehrlichere Einstellung hat als Lars und Claus, die einfach wissen, worauf es einer Band ankommt. Sie waren es auch, die uns an ESCAPI vermitteln haben. In erster Linie bin froh und dankbar, bei INTROMENTAL untergekommen zu sein, denn seit diesem Zeitpunkt brauche ich mich nicht mehr großartig um das Geschäft zu kümmern, sondern kann mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren.

Wird es denn in absehbarer Zukunft weitere Konzerte zur Promotion von »Destruction Time Again!« geben?

Im Moment sind wir zusammen mit INTROMENTAL dabei, eine kleinere Tournee zu organisieren. Dadurch sollten sich dann auch vermehrte Verkäufe von CDs und Merchandising einstellen. Aber fixiert ist leider noch nichts.

Trotz des sich langsam einstellenden Erfolges werden LOCH VOSTOK wohl nicht zu Eurem einzigen Betätigungsfeld zählen. Was darf man von den Nebenbaustellen der Bandmitglieder in nächster Zukunft erwarten?

Wie Ihr sicher wißt, bin ich auch noch bei F.K.Ü., einer Old School-Thrash Metal-Band am Schlagzeug und bei WUTHERING HEIGHTS als Bassist involviert. Das nächste WUTHERING HEIGHTS-Album »The Shawow Cabinet« ist eben fertig geworden und wird demnächst veröffentlicht. Niklas spielt noch bei SEARING I, einer weiteren schwedischen Thrash Metal-Truppe, die gerade begonnen hat, ihr zweites Album aufzunehmen. Die Produktion werden übrigens Fredrik und ich übernehmen, was wir auch schon für das Debut erledigt haben. Fredrik ist in dermaßen viele andere Projekte involviert, daß ich ehrlich gesagt gar nicht weiß, was er als nächstes angehen wird. Alvaro kann seine Jazzvorliebe nun endlich zur Genüge ausleben, denn er spielt seit kurzer Zeit auch in der Band von Anna Eriksson, einer schwedischen Jazz-Sängerin. Wir sind fast rund um die Uhr beschäftigt, aber genau das macht das Leben interessant. [lacht]

Bleibt da denn überhaupt genügend Zeit, um sich auf zukünftige Aktivitäten von LOCH VOSTOK zu konzentrieren?

Klar doch. Wir haben bereits damit begonnen, Songs für ein drittes Album zu schreiben und können auf vier fertig komponierte Nummern und eine Menge weiterer Ideen zurückgreifen. Es sollte klappen, dieses Album in etwa 15 Monate nach »Destruction Time Again!« veröffentlichen zu können. Da bis dahin noch ein wenig Zeit übrigbleiben sollte, hoffen wir, diese mit Konzerten überbrücken zu können. Ich hoffe, wir sehen uns bei unseren Gigs! Laßt uns zusammen einen Drink nehmen, aber bitte keinen Tequila, denn der bekommt mir nicht. [lacht]
Cheers, Skål, Prost, Kippis und Nasztrovya!

Werfen wir einfach noch ein vollmundiges "Egeszsegere" in den Raum und hoffen alsbald, LOCH VOSTOK und ihre Show livehaftig erleben zu dürfen.

http://www.lochvostok.com/

belzeted@telia.com

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

LOCH VOSTOK (vorhergehende Besetzung) im Überblick:
LOCH VOSTOK – Destruction Time Again (Rundling-Review von 2006 aus Online Empire 27)
LOCH VOSTOK – Destruction Time Again (Rundling-Review von 2006 aus Y-Files)
LOCH VOSTOK – Online Empire 29-Interview (aus dem Jahr 2006)
LOCH VOSTOK – News vom 06.01.2002
LOCH VOSTOK – News vom 30.12.2005
LOCH VOSTOK – News vom 20.01.2010
LOCH VOSTOK – News vom 23.02.2011
LOCH VOSTOK – News vom 08.06.2011
LOCH VOSTOK – News vom 05.05.2018
LOCH VOSTOK – News vom 25.08.2019
LOCH VOSTOK – News vom 08.08.2022
Soundcheck: LOCH VOSTOK-Album »Destruction Time Again« im "Soundcheck Heavy 91" auf Platz 32
unter dem ehemaligen Bandnamen MAYADOME:
MAYADOME – News vom 05.12.2001
MAYADOME – News vom 06.01.2002
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