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"Abydos"-Uraufführung

Kaiserslautern, Pfalztheater

25.02.2006

Daß der Bandname VANDEN PLAS und das Wort "Theater" in einem Atemzug genannt werden, ist schon längst nicht mehr ungewöhnlich, da die Band in den letzten zehn Jahren etliche Engagements bei Rockmusicals an den unterschiedlichsten Häusern absolviert hat. Doch daß heuer ein Stück auf dem Plan steht, das quasi auf dem Mist der Musiker gewachsen ist, darf sehr wohl als Novum bezeichnet werden. Denn: Das Stück "Abydos" basiert auf dem Soloprojekt von VANDEN PLAS-Sänger Andy Kuntz und bei der Umsetzung als Theaterstück war die Band kräftig involviert; entsprechende Einzelheiten konntet Ihr ja schon unserem jüngsten Interview mit der Band entnehmen. Daher war es höchst erfreulich zu sehen, daß der Run auf die Tickets immens war und nicht nur die Premiere, sondern auch einige der späteren Vorstellungen ratzfatz ausverkauft waren.

''Abydos''-Szenenbild 1

Am Premierenabend ist ein enorm gemischtes Publikum zu erspähen: Von der Seniorin, die sich für einen Theaterabend feingemacht hat bis hin zu Metallern in entsprechenden Shirts oder dem Dark Wave-Verehrer im reichlich lack-und-lederigen Outfit. Das stellt gewissermaßen bereits einen guten Querverweis auf die Kostüme der vier VANDEN PLAS-Musiker dar, für das übrigens die Firma X-TRA-X verantwortlich zeichnete und einen dezenten SM-Touch hatte. Wie im Interview erwähnt, werden die Musiker samt Orchestergraben mehrfach während der Aufführung hochgefahren, so daß sie nicht unsichtbar bleiben und folglich eine Kostümierung Sinn macht. Ihren ersten Auftritt im Rampenlicht erleben die Musiker (nebst Souffleuse...) gleich nach der Eröffnung, die in den thematischen Rahmen des Stücks einführt, indem sie das Intro in die Ränge schmettern.

''Abydos''-Szenenbild 2

Schon während des ersten Songs ›You Broke The Sun‹ wird deutlich, daß man sich auf ein echtes Erlebnis gefaßt machen: Zum einen hat Andy, der hier als Hauptdarsteller Fly agiert, stimmlich wie immer makellos, mittlerweile schauspielerisch riesige Schritte nach vorne gemacht, und zum anderen hat sich das Team des Pfalztheaters wahrlich mächtig reingehängt und eine aufwendige Inszenierung verwirklicht. Prinzipiell wird die schon bei "Nostradamus" verwandte Technik mit beweglichen Bühnenelementen, die in jeder Szene neu gruppiert werden, eingesetzt. Überhaupt ist es nun sehr viel einfacher, die doch recht komplexe und metaphorische Geschichte, zu der man auf der Platte erstmals Kontakt hatte, bis zu dem überraschenden Ende mitzuverfolgen, wobei die zusätzlichen Multimediaeinspielungen in dieser Hinsicht sehr hilfreich sind. Von "Provinztheater" also keine Spur!

''Abydos''-Szenenbild 3

Doch die Darsteller brauchen sich nicht hinter der Technik zu verstecken: Gerade Astrid Vosberg, die Strida, die Freundin von Fly, spielt, harmoniert stimmlich hervorragend mit Andy. Auch Andreas Zaron, in der Rolle von Flys Freund Llit, ist mit einer grandiosen Stimme gesegnet, so daß es schlicht wie Perlen vor die Säue anmutet, daß er normalerweise seinen Lebensunterhalt als Schlagerinterpret bestreitet. Einzig Ines Agnes Krautwurst, die Green spielt, muß stimmlich deutlich hinter den anderen zurückstecken, wobei erschwerend noch ihre schwache englische Aussprache hinzukommt; schauspielerisch ist sie indes ebenso stark wie ihre Kollegen. Doch sie soll der einzige Schwachpunkt des Stücks bleiben, denn die letzte der tragenden Rollen ist erneut in jeder Hinsicht hochkarätig besetzt: Ulrich Wewelsiep als Mito ist mit einer beeindruckenden, sonoren Stimme gesegnet, so daß er sowohl als Synchronsprecher für Orson Wells herhalten als auch bei einer norwegischen Black Metal-Kapelle einsteigen könnte. Ein Kompliment geht auch an den Chor des Pfalztheaters, dessen Stimmgewalt uns nicht erst seit der aktuellen VANDEN PLAS-Platte bekannt ist, als auch an die Ballettänzer und -tänzerinnen, die die Aufführung enorm zu bereichern verstehen.

''Abydos''-Szenenbild 4

Auch in musikalischer Hinsicht haben die Verantwortlichen ganze Arbeit geleistet: Nicht nur die beiden VANDEN PLAS-Songs ›Healing Tree‹ und ›Can You Hear Me‹, sondern auch das von VP-Gitarrist Stephan Lill komponierte ›Just Like The Wind‹, das in der SNAILSHOUSE-Version, ›So wie der Wind‹ eigentlich eine Popnummer war, passen ausgezeichnet ins Gesamtarrangement. Mehr als überraschend ist dabei indes, daß nicht diese, naturgemäß stark abgewandelte Nummer oder das von einem Doublebass-Kracher zur Ballade transformierten ›Hyperion Sunset‹ die extremste Metamorphose durchlaufen hat, sondern ›Can You Hear Me‹, das von den beiden weiblichen Hauptdarstellern vorgetragen wird. Wer das Stück noch nicht gesehen hat, darf sich also auf mannigfaltige Überraschungen freuen.

''Abydos''-Szenenbild 5

Kein Wunder also, daß schon in der Pause nur lobende Worte zu vernehmen sind und am Ende ein nicht enden wollender Jubel durchs Pfalztheater brandet, der mit 23 Minuten Länge angeblich der bisherigen Jubelrekord darstellt, so daß bei der anschließenden Premierenfeier im Foyer des Pfalztheaters ausschließlich glücklich strahlende Gesichter zu sehen waren.


Stefan Glas

Photos: Hans-Jürgen Brehm-Seufert

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