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Wem das erst vor kurzer Zeit veröffentlichte Debut einer amerikanischen Formation namens AVIAN mit dem Titel »From The Dephts Of Time« be­reits bekannt ist, der wird auch mit der auf jenem Werk zu ver­neh­men­den Stimme vertraut sein. Lance King lautet der Name jenes Sängers, der nicht erst seit AVIAN mit zu den geschätztesten Stimmbandakrobaten der Szene zu zählen ist weiß auch auf besagtem Album, daß musikalisch irgendwo in der Schnitt­menge europäischer Melodic und amerikanischer Power Metal-Klänge an­zu­sie­deln ist, zu brillieren.
Da sein Name zwar geläufig sein sollte, die Historie des Herrn, der nicht nur bei den verschiedensten Bands stimmlich überzeugen konnte, sondern auch der Boß seines eigenen Label NIGHTMARE RECORDS ist, aber noch nie so richtig aufgearbeitet wurde, packte ich die Gelegenheit beim Schopf, um Lance zum Interview zu bitten:

Lance, wir wissen zwar einigermaßen über Deine Tätigkeiten in der Gegenwart Bescheid, haben allerdings keinerlei Ahnung, wie Deine musikalische Entwicklung eigentlich begonnen hat.

Das ist lange Jahre her. Damals, zu meiner Highschool-Zeit, fragte mich ein Kumpel namens Eric Stump, ob ich nicht Lust hätte, bei seiner Combo AJA (ausgesprochen: "asia") zu singen. Es handelte sich um eine richtige Garagenband, denn außer einem Auftritt beim Abschlußfest an der Highschool hat es diese Formation zu keinen Gigs gebracht. Nach sechs Monaten war AJA auch schon wieder Geschichte. Allerdings bleiben Eric und ich in Kontakt und schon bald darauf waren wir zusammen mit einigen anderen Jungs als THE NEWS aktiv. Aus dieser Band gingen später FREELANCE hervor. Der Unterschied lag vor allem darin, daß FREELANCE nicht ausschließlich als Cover-Band unterwegs waren, sondern auch schon eigenes Material schrieben und den Leuten präsentieren konnten. Bis zum Ende des fünfjährigen Bestehens brachten es FREELANCE auf durchschnittlich 175 Shows pro Jahr, eine Anzahl von Konzerten, die sich durchaus sehen lassen kann. Allerdings fehlte es uns ein wenig an Professionalität, denn trotz zahlreicher Eigenkompositionen, die wir auch den Fans präsentierten, reichte es noch nicht einmal für Demoaufnahmen.
Mitten in den Reifeprozeß von FREELANCE erhielt ich ein Angebot einer Band namens GEMINI, die mich als Sänger haben wollten. Nach längerer Bedenkzeit schien mir dieses Angebot als zukunftsträchtiger, weshalb ich mich GEMINI anschloß, jedoch nicht ohne darauf hinzuweisen, daß es für mich keine Sinn machen würde, weiterhin Covers zum besten zu geben, sondern es endlich mit eigenen Kompositionen zu versuchen. Nachdem ich die anderen GEMINI-Jungs diesbezüglich überzeugen konnte, waren wir allesamt motiviert, um endlich "Karriere" zu machen. In Folge startete die Band auch recht gut durch, denn neben annähernd 150 Shows, die wir in jenem Jahr im mittleren Westen der Staaten absolvieren konnte, schafften wir es auch bis nach Minneapolis, Chicago, Milwaukee oder Kansas City. Als wir unterwegs waren, schrieben wir tagsüber Songs, die wir teilweise schon am Abend beim anstehenden Auftritt den Fans präsentiert hatten. Auf diese Art und Weise konnten wir nicht nur eine verhältnismäßig große Fanbase erspielen, sondern auch das Interesse zahlreicher größerer Labels erwecken. Ich erinnere mich an Konzerte bei denen die Talentscouts von POLYGRAM, ATLANTIC oder GIANT RECORDS anwesend waren. Allerdings kam es nie zu einer Vertragsunterzeichnung, weil wir schlichtweg nie die Zeit fanden, ins Studio zu gehen, um unsere Songs auch aufzunehmen. Unser Konzertplan war damals derart voll, daß wir es nicht auf die Reihe bekamen, diesbezüglich etwas zu unternehmen. Außerdem trafen wir ständig auf jungen Bands, die zwar bei einem Label unter Vertrag waren, allerdings finanziell wesentlich schlechter dastanden als GEMINI. Deswegen haben wir uns im Endeffekt dafür entschieden, die Sache auch weiterhin in Eigenregie durchzuziehen. Dadurch blieben wir zumindest unabhängig und konnten unsere Gigs weiterhin so organisieren, wie es uns beliebte. Es dauert aber nicht mehr allzu lange bis endlich auch das selbstbetitelte Debut auf den Markt kommen sollte. Schon damals, im Jahr 1990, war ich für die Musik und Produktion verantwortlich und wollte das Album auch über mein kurzfristig gegründetes Label NIGHTMARE RECORDS veröffentlichen.

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Weshalb denn überhaupt die Gründung eines eigenen Labels, wo Ihr doch mit der Eigenregie offensichtlich ausnahmslos positive Erfahrungen machen durftet?

Im Prinzip war es zu Beginn auch nichts anderes, als ob ich die Scheibe unter meinem Namen und meiner Adresse verkauft hätte. Da wir zu jener Zeit einen coolen Song namens ›Nightmare‹ geschrieben hatten, wählte ich diesen Titel in Folge auch für mein Label NIGHTMARE RECORDS. Im Grunde genommen war ich mir schon damals sicher, daß es in diesem Business wesentlich besser ist, auf sich selbst zu vertrauen als sich auf Außenstehende zu verlassen.

Klingt nachvollziehbar und bestätigt mich in meinem Eindruck es bei Lance mit einem "Selfmade Man" zu tun zu haben. Wie ging denn die Geschichte nach dem GEMINI-Debut weiter?

Da wir unsere Fanbase ausbauen konnten und uns selbst in einer sehr kreativen Phase befanden, konnten wir schon 1992 unser Nachfolgewerk »Out For Blood« vorlegen. Trotz einiger Line-up-Wechsel blieben Rob Kruger und ich als Team bestehen. Wir beide waren für Musik und Produktion verantwortlich und auch dieses Album kam über NIGHTMARE RECORDS auf den Markt. Danach verschlechterte sich leider die Situation der Band immens. Es gab kaum noch einen gemeinsamen Nenner, weshalb ich 1993 beschloß, GEMINI zu verlassen.
Danach tat ich mich unter dem Banner THE KINGS MACHINE mit einigen Musikern aus Minneapolis und St. Paul zusammen. Hier lief die Sache völlig konträr, denn wir hatten gut 20 Songs fertig, bevor wir zum ersten Mal auf die Bühne gehen konnten. Es war noch dazu gleich ein Auftritt als Opener für David Lee Roth im Herbst 1994. In weiterer Folge konnten hier desöfteren als Vorgruppe recht populärer Bands wie SLAUGHTER, GREAT WHITE oder FIREHOUSE auftreten. Das einzige Album von THE KINGS MACHINE, das ich damals übrigens auf einem YAMAHA-8-Spur-Gerät aufgenommen hatte, erschien 1995 über NIGHTMARE RECORDS. Trotz des eher dürftigen Equipments und der ebenso schwachen Produktion, bei der ich mich dem Zeitgeist hingab, denn es war damals in den Staaten relativ uncool, großartige Produktionen aufzufahren, klang die Scheibe gar nicht übel. THE KINGS MACHINE durften danach noch zahlreiche Gigs absolvieren und waren im mittleren Westen der USA relativ bekannt. In den folgenden Jahren hatten wir sogar ein zweites Studioalbum fertiggestellt und auch genügend Aufnahmen für ein Live-Album zusammen, doch keines der beiden Werke ist jemals erschienen, da sich THE KINGS MACHINE 1997 aufgelöst haben.

Und dann?

Kümmerte ich mich zunächst in erster Linie um NIGHTMARE RECORDS. Aus einem kleinen Label, das sich ausschließlich um meine eigenen Veröffentlichungen kümmerte, wurde langsam aber sicher, eine arbeitsmäßig recht aufwendige kleine Firma. Ich nahm weitere Acts, zunächst welche aus der Umgebung, unter Vertrag und kümmerte ich um den Vertrieb verschiedener Plattenfirmen, die bis dahin in den Staaten noch nicht Fuß fassen konnten.

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Als Musiker bist Du danach erst wieder zusammen mit den Briten BALANCE OF POWER aufgefallen. Wie kam diese transatlantische Kollaboration zustande?

Gegen Ende des Jahre 1997 erhielt ich das Angebot, bei BALANCE OF POWER als Sänger einzusteigen. Keyboarder Ivan Gunn rief mich direkt an, um mit mir die Sache zu besprechen. Nachdem ich die ersten Demos erhalten hatte, war ich begeistert und sagte natürlich zu. Als ich dann meinen Gesang auf den Demos verewigt hatte und die anderen Musiker es gehört hatten, schickten sie mir fast umgehend Flugtickets. Nachdem ich nach London gereist war, begannen auch bereits die Aufnahmen zu »Book Of Secrets«. Jenes Album wurde mit euphorischen Pressestimmen geradezu überhäuft und sollte meinen Namen als Sänger sowohl in Europa als auch in Japan recht bekannt machen. Im Nachhinein betrachtet, war es taktisch ein gelungener Schachzug, mich mit den Briten zusammenzuraufen, um bei BALANCE OF POWER zu spielen. Leider verliefen schon bald nach der Veröffentlichung einige unserer Vorhaben im Sande. So wurde keine Tournee geplant, stattdessen ging es in denkbar kurzer Zeit abermals ins Studio um an »Ten More Tales« zu arbeiten. Dieses Album hätte den Durchbruch für die Band bedeuten können, schließlich hatten wir Verträge mit Labels in Europa, den Staaten und Asien und auch eine Tournee war auf dem Programm. Zusammen mit AXXIS und PINK CREAM 69 waren wir einige Wochen lang in Europa unterwegs und konnten mit Sicherheit zahlreiche neue Fans gewinnen. Nahezu direkt im Anschluß ging es auf ein Neues ins Studio, um »Perfect Balance« einzuspielen, ein Album das schließlich 2001 weltweit veröffentlicht werden sollte, verkaufsmäßig jedoch nicht die Erwartungen erfüllen konnte und eher als Auslöser für Streitereinen innerhalb der Band betrachtet werden kann.

Wie kann man sich die für Bands unabdingbaren Angelegenheiten wie Proben oder dergleichen vorstellen, wenn die geographische Entfernung dagegen spricht?

Wir waren uns von Anfang an einig, daß Musik nur im Studio entstehen würde. Da sowohl die Band selbst, aber auch ich über ein recht gut ausgestattetes Heim-Studio verfügen, war das kaum ein Problem. Der persönliche Kontakt blieb dabei auf der Strecke, die Musik an sich entstand aber auch so vorzüglich. Zum Proben trafen wir uns eigentlich immer nur vor etwaigen Auftritten und da wir allesamt Vollprofis waren, bestanden auch keine Bedenken diesbezüglich, da jeder seinen Teil bereits in Heimarbeit erledigt hatte. Es ging lediglich um das Zusammenspiel auf der Bühne, das geprobt werden mußte, aber auch das war kein Problem.

Probleme gab es offenbar erst in weiterer Folge und zwar genauer gesagt nach »Perfect Balance«. Weshalb hast Du Dich von BALANCE OF POWER getrennt?

Das war eine häßliche Geschichte, über die ich eigentlich nicht mehr reden möchte. Es sollte alles zu diesem Thema gesagt worden sein, für mich ist diese Angelegenheit endgültig abgeschlossen.

Wäre zwar nicht uninteressant gewesen, Dein Schweigen ist aber verständlich. Wie ging es mit Deiner Geschichte weiter?

Wie schon in den Jahren zuvor hatte ich mit NIGHTMARE RECORDS reichlich zu tun. In der Zwischenzeit hatte ich nämlich neben dem Vertrieb auch einen Online-Shop eingerichtet, der auch heute noch jede Menge Zeit verschlingt. Da ich aber Vollblutmusiker bin, ließ ich es mir aber nicht nehmen, auch an meiner musikalischen Karriere weiterzuarbeiten. Noch im selben Jahr, also 2001, war ich an einem Tribute-Sampler für Jason Becker beteiligt. Dieser Sampler heißt »Warmth In The Wilderness« und enthält insgesamt 31 Songs. Ich singe darauf ›Dogtown Shuffle‹, das im Original von Davd Lee Roth eingesungen wurde. 2002 war ich am vierten DEFYANCE-Album »Transitional Forms« ebenso beteiligt, wie an ›Hypnotica‹ von EMPIRE, das über LION MUSIC veröffentlicht wurde. Im Jahre 2003 war ich für Lion Music, speziell dem Inhaber Lars Eric Mattsson desöfteren tätig. So wirkte ich auf seinem Solo-Album »Power Games« ebenso mit, wie auf dem von ihm initiierten Jon Uli Roth-Tribute-Sampler »Beyond Inspiration«.

Diese Kollaboration ist mir auch schon aufgefallen. Was verbindet denn die Herren Mattsson und King?

Ich habe schon seit mehreren Jahren den Vertrieb für LION MUSIC hier in den Staaten, von daher kennt man sich natürlich. Außerdem halte ich sehr viel von Lasse als Mensch und als Musiker. Was liegt also näher, als gemeinsame Sache zu machen?

Ist klar. Im letzten Jahr ist uns vor allem das PYRAMAZE-Debut »Melancholy Beast« nicht zuletzt durch deine Sangeskünste positiv in Erinnerung geblieben. Was werden wir in nächster Zeit von Lance King erwarten dürfen?

PYRAMAZE ist ebenfalls ein transatlantisches Projekt, denn neben mir besteht die Band aus dänischen Musikern. Gegen Ende Februar 2006 wird das Nachfolgealbum »Legend Of The Bone Carver« erscheinen. Zuvor gibt es aber noch das AVIAN-Debut mit dem Titel »From The Dephts Of Time« zu bestaunen, auf dem ich unter anderem mit Dave Ellefson (ex-MEGADETH) zusammengearbeitet habe. Zudem werde ich auf »Enter Eternity«, dem Debut meiner brasilianischen Kumpels SHINING STAR zu hören sein. Diesen Jungs habe ich sehr viel zu verdanken, schließlich haben sie mich nach dem Rausschmiß bei BALANCE OF POWER wohlwollend in ihren Reihen aufgenommen.

Es klingt erfreulich, daß Lance neben NIGHTMARE RECORDS keineswegs untätig ist. Wenn die Qualität der Alben mit seiner Beteiligung so bestehen bleibt, kann er uns auch gerne öfter von ihm eingesungene Werke aufwarten.

http://www.nightmare-records.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Lance King im Überblick:
Lance King – Online Empire 25-Interview (aus dem Jahr 2005)
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